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Vogler, Georg Joseph 216 Vogler, Georg Joseph
Scheitel wahrzunehmen. Aber den Priester
schmückt der päpstliche Orden des gol-
denen Sporns, und einst hat der Abbä
für den Kurfürsten von der Pfalz Kar l
Theodor das Weihwasser aus Rom
mitgebracht. I n ernster Würde steht er
da am Hochaltar, consecrirend, es ist ja
die Feier seines eigenen dreißigjährigen
Priesterjubiläums. Dennoch verhindert
ihn dies nicht, sorgsam auf die vom
Orgelchore herab sich ergießenden mäch»
tigen Tonwellen einer heiligen Musik zu
lauschen. Hat er doch selbst diese Musik
componirt; es ist seine Messe, geschrieben
von ihm zur Feier dieses Festes. Wohin
unsere Blicke schweifen, überall Staunen
und Entzücken. Die Priester freuen sich
eines so kunstreichen Genossen; die Ton»
künstler sind nicht wenig stolz, diesen
Hohenpriester zu den Ihrigen zu zahlen;
die Frauen sind entzückt durch seine
Liebenswürdigkeit und feine Sitte; die
Masse ist hingerissen von der Herab»
lassung in seiner so einzig artigen Erschei»
nung. So feierte er in Wien nachhaltige
Triumphe und bestätigte nach allen Seiten
hin den ihm vorangegangenen Ruf als
wissenschaftlicher Lehrer der Tonsetzkunst,
als Componist von Massenopern und
Symphonien, als großartiger Orgel-
spieler und hier besonders als berühmter
^ Virtuos in der musicalischen Malerei,
endlich als Akustiker und Erfinder eines
Orchestrions, sowie eines Simplisications»
systems bei der Orgel". Durch eine sehr
glückliche Mischung von Wissen und
Können, durch ein sehr glückliches Lehr-
talent bei glänzender Redegabe, durch
eine nie verleugnete, wenn auch nirgend
lastig zur Schau getragene priesterliche
Würde in Verbindung mit dem gehal-
tenen Wesen eines echten Denkers, aristo-
kratischen Lebensformen und einem künst-
lerischen Glänze war cs ihm gelungen, einen Nimbus um sich zu verbreiten, der
ihn für die musicalische Masse zum Gegen-
stande ehrfurchtsvoller Bewunderung
machte, sympathische jüngere Naturen
dagegen unwiderstehlich anzog. Bis 1804
blieb Vogler in Wien, 1805 begab er
sich wieder nach München, um daselbst
bei der Vermalungsfeier einer königlichen
Prinzessin seine Oper „ Kastor und Pollux"
aufzuführen, und besuchte dann Frank»
fürt a. M., Offenbach und verschiedene
Städte des Rheinlandes, 1807 aber
folgte er einem Rufe des Großherzogs
von Hessen, der ihn als Hofcapellmeister
und geheimen geistlichen Rath mit einem
Iahresgehalte von 2000 fl. bei freiem
Mittag« und Abendessen aus der groß-
herzoglichen Küche u. s. w. in Darmstadt
anstellte. Dabei war er fast täglich Gast
des Großherzogs, der ihn sehr ehrte.
Sieben Jahre verlebte er hier in glück-
licher Muße, ganz seinen Wissenschaft»
lichen Studien hingegeben, da der Groß-
herzog keinerlei dienstliche Anforderungen
an ihn stellte. Außerdem widmete er sich
der Ausbildung tüchtiger Scbüler. Unter
diesen ragen besonders hervor: Peter
Winter, der Compositeur des „Opfer«
festes", Gottfried von Weber, der
Verfasser einer wissenschaftlichen Compo»
sitionslehre, Gänsbacher in Wien,
Freiherr von P o i ß l in München,
M e y e r beer und Karl Maria von
Webe r , welch Letzterer gar große
Stücke auf Vogler hielt, wie wir dies
aus der Biographie Karl Maria Weber's
erfahren, welche dessen Sohn Mar im
Jahre 4863 herausgegeben; der Com
ponist des „Freischütz" war seinem Lehrer
bis zu dessen Tode auf das innigste zu-
gethan geblieben. Ende 4812 bis in die
Mitte 1813 machte Vogler noch eine
größere Reise durch Deutschland, dann
kehrte er nach Darmstadt zurück und be-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Villata-Vrbna, Band 51
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Villata-Vrbna
- Band
- 51
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 350
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon