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Wagner, Joseph Maria 27 1
cius gehalten; ebenso drei im Dome zu
St. Stephan an den Jahrestagen der
allgemeinen Insurrektion 1799, 1801
und !8l)3 gehaltene Festreden, welche
Stoege,r im unten bezeichneten Werke
a" bezeichnet.
27. Wagner, Joseph Maria (Sprach-
forscher, vornehmlich Germanist, geb.
in Wien am 1. December 1838, gest.
daselbst am 3. Mai 1879). Von 1843
bis 1848 besuchte er die deutschen, dann
bis 1834 die lateinischen Schulen der
Piaristen in der Iosephstadt zu Wien;
auch erhielt er. in der Musikschule von
August Leiter maier Unterricht im Ge-
sang, im Violin> und Clavierspiel; aber
der eigentlichen Kunstmusik konnte er!
nie ein Interesse abgewinnen, ein um so !
größeres den uralten Melodien zu den!
lateinischen Kirchenhymnen, welche da« z
mals blos mit Orgelbegleitung von den!
Lateinschülern gesungen wurden, und
dem Volksliede, für welches sein Empsin«
den vornehmlich durch seine Mutter, die
ein und das andere bei ihrer Arbeit zu
singen Pflegte, geweckt ward. Früh regte
sich in ihm die Liebe zu Büchern, und
uoch ein Knabe, legte er mit seiner ein»
zigen Schwester eine kleine Büchersamm»
lung an. Kaum vierzehn Jahre alt, be-
klagte er den Tod feines Vaters. Vr kam
unter die Obhut seines Vormundes, den
er auch bald zum Stiefvater erhielt, und
nun ging im Lebensplane des Jünglings,
der sich der gelehrten Laufbahn zu wid-
men entschlossen hatte, eine große Ver-
änderung vor. Nur mit Mühe gelang es,
den Vormund zu überreden, daß er den
Stiefsohn noch die sechste Lateinschule -1 Wagner/Iosepb Maria 27
besuchen ließ. Dann wurde Wagner
Lehrling in einer Buchhandlung und
hoffte, als solcher seine alten literarischen
Neigungen fortsetzen zu können: doch
bald gewahrte er zu seinem Verdruffe,
daß dem nicht so sei, und nach schwerem
Kampfe und gegen den Willen des Stief
vaters, trat er, j8 Jahre alt, in den Re-
gistraturüdienst bei dem.k. k. Finanzmini-
sterium ein. Daselbst konnte er zwar
seine bisher erworbenen Kenntnisse in der
Literatur und Sprachforschung nichts
weniger denn verwerthen, aber bei dem
sonst nicht angestrengten Dienste fand er
noch immer Zeit genug, sich in seinen
Studien fortzubilden. Zwölf Jahre war
er in diesem Amtsverhaltniffe geblieben,
als er 1868 in der Bibliothek desselben
Ministeriums Verwendung erhielt. I n
diesem Dienste rückte er wohl zum
Kanzleiofficial vor, aber die Mittheilung
der verschiedenen Nekrologe, daß er auch
zum Bibliothekar befördert worden sei,
finden wir nicht correct, da, so viel uns
bekannt, er stets im Stande des Kanzlei»
Personals der Registratur des Finanz«
Ministeriums geführt wurde und der
Bibliothek nur zugetheilt war. I n dieser
Beschäftigung ward Wagner, der in
den letzten Ihren immer stark kränkelte,
im Alter von 4l Jahren vom Tode er-
eilt. Wie schon bemerkt, nahmen ihn vor
Allem sprachliche und culturhistorische
Studien bleibend in Anspruch. I n ersteren
war es auch vornehmlich die Gauner-
sprache, das sogenannte Jenisch, dessen
buntscheckige, geheimuißuolle, zuweilen
kühn gebildete, zuweil'enpoffirliche Wörter
und Wortformen in frühester Zeit ihn
besonders ergötzten, und da sein ver-
trauter Jugendfreund, der nachmalige
Klosterneuburger Chorherr Gustav Se-
bald mit ihm dieser Liebhaberei huldigte,
geschah es, daß sich Beide dieser Sprache
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon