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Wahr 143 Mahr
freundschaftlicher Verbindung auch dann
blieb, nachdem er bleibend von Eszter-
häz und Preßburg Abschied genommen.
Für die Wintersaison 1773/76 begab er
sich nach Salzburg, wo er vom Erzbischof
Hieronymus Fürsten (5olloredo im
Ballhause eine gut eingerichtete Bühne
erhielt, auf welcher er mit seiner Truppe
in erfolgreichster Weise wirkte. Ein
eigenes „Theaterwochenblatt" besprach
ausschließlich die Vorstellungen der
Wahr'schen Truppe. Der Director selbst
wurde als großer Künstler gefeiert, na-
türlich fehlte es, wie dies ja in Theater-
sachen so oft vorkommt, nicht an Ueber»
schwenglichkeiten fast komischer Art. Aber
Thatfache ist es, Wahr's Bestrebungen
fanden m Deutschland gerechte Würdi-
gung, und die „Berliner Theater» und
Literaturzeitung" vom Juni 1779, welche
ein Verzeichniß einiger im Oesterreichi-
schen lebenden Schauspieler mittheilt, be>
zeichnet ihn als „den ersten und einzigen
Provinztheaterdirector der österreichischen
Erblande, der nie eine Burleske gege-
ben". Was aber sein Darstellungstalent
betrifft, so nennt der Gothaer „Theater-
kalender" für 1780 ihn neben Schrö<
der, Borchers, Böck, Wäser unter
den besten Hamletdarstellern Deutsche
lands. Als Wahr im Frühjahre 1779
seine Salzburger Saison schloß, wurde
hervorgehoben, daß seine Truppe in den
vier Jahren ihres Bestandes 200 gute
Stücke einstudirt habe. Von Salzburg
ging er nun mit seiner Gesellschaft wieder
nach Preßburg und von dort nach Ofen,
und rühmend bemerkt der „Gothaer
Theaterkalender" von 1779, Wah r
habe das deutsche Schauspiel in Gegen-
den gebracht, wo man es voiher nicht
kannte. 1779 spielte derselbe bereits in
Prag. Am o. Juni dieses Jahres gab
er eine Vorstellung, deren ganze Ein» nähme er ohne den geringsten Abzug an
die Vorsteher des neu errichteten Waisen.
Hauses schickte. Wie ernst er seine Auf-
gabe nahm, ersehen wir daraus, daß er
schon zu jener Zeit, 1779—1782, Werke
Lessing's und Goethe 's , wie:
„Minna von Bcirnhelm", „Emilie Ga-
lotti", „Clauigo", und zeitgenössische
Shakespeare » Bearbeitungen auf die
Bühne brachte. Aber 1782 erfuhren die
Verhältnisse der Wahr'schen Truppe,
welche im Kotzen- oder „Nationaltheater"
spielte, eine bedeutende Umwälzung.
Franz Anton Graf Nostiz»Rhieneck
sBd. XX, S. 397^j übernahm das durcb
den Tod des bisherigen Impresario Bw
stelli in das freie Eigenthum der Alt-
städter Stadtgemeinde zurückgelangte
Theater. O. Teuber gibt in dem in
den Quellen erwähnten Werke eine aus°
führliche Darstellung der damaligen
Theaterverhältniffe. Wahr spielte nun-
mehr im alten Kotzentheater weiter, bis
das neue Theater, welches Graf Nostiz
auf dem Karolinenplahe zu bauen be-
gonnen, fertig war. Auf dieser Bühne,
deren Eröffnung am 2l. April 1783
stattfand, wurde nun unter dem Direc»
tionsausschusse W a hr, Bergopzoom,
Hempel und Räder fortgespielt, bis
mit einem Male ein Zwischenfall eintrat,
der die Auflösung der Gesellschaft zur
Folge hatte. Kaiser Joseph befand
sich im September 1783 anläßlich der
Manoeuvres in Prag. Daselbst spielte im
Kleinseitener Theater die Bondini'sche
Truppe, im Nationaltheater aber gab
Wahr mit der seinigen Vorstellungen.
Der Umstand, daß der Kaiser das
Kleinseitener Theater regelmäßig besuchte
und die Leistungen der Bondini'schen
Truppe lobend anerkannte, während er
im Nationaltheater nur ein einziges Mal
erschien und schon naä> einer halben
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon