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Waldmüller. Ferdinand 187 Maldmüller, Ferdinand
im Violinspiele. Um diese Zeit trat Graf
Karl Eszterhäzy mit dem Antrag an
ihn heran, als Zeichenlehrer seiner Kinder
ihm nach seiner Besitzung Sereth in Nw
gärn zu folgen. Waldmül ler nahm
an, kehrte aber schon nach einem halben
Jahre wieder nach Wien zurück, wo er
sich nun ausschließlich dem Clavierspiele
zuwandte. Dann besuchte er mehrere der
größeren Städte in Norddeutschland,
betrieb gleichzeitig Musik und Malerei,
bis er, 24 Jahre alt, nach Mainz kam,
wo er als Clavierlehrer zwei Jahre ver-
blieb. l843 ging er, nach kurzem Besuch
seiner Eltern in Wien, mit Empfehlungs-
briefen von ansehnlichen Familien ver-
sehen, nach Paris. Dort gelang es ihm,
im Pleyel'schen Salon, dann im könig«
lichen Athenäum und in einigen der
ersten Familien als Klavierspieler aufzu-
treten. Er erntete reichen Beifall, und
mit der Anerkennung der Musiknotabili-
täten der Seinestadt wuchs auch sein
Künstlerruf. Ueberdies bildete er sich in
Paris in der Composition, woher wohl
die wenig empfehlenswerte Eigenheit,
daß er allen seinen Werken franzosische
Titel gegeben hat, welche sich ganz gut
hatten verdeutschen lassen. Nach zwei-
jährigem Aufenthalt in der Seinestadt
kehrte er im December 1843 nach Wien
zurück, gab aber auf der Heimreise Cow
certe in verschiedenen Hauptstädten
Deutschlands und erlangte den Titel
eines Kammervirtuosen des Herzogs von
Nassau. Indessen war er fleißig als
Compositeur thätig, und die Zahl seiner
Werke beträgt wohl mehr als anderthalb
Hundert. Lange hörte man nichts mehr
von dem Künstler. Da verlautete 1863,
daß derselbe vor Jahren schon gestorben
sei, was glaublich schien, da über ihn
längere Zeit keine Nachricht ins Publicum
gekommen war. Bald aber wurde diese Angabe dahin berichtigt, daß Wald-
m ü ller iu Währing bei Wien noch lebe,
allerdings in Folge eines Schlagflusses
stark gelähmt und zur Ausübung seiner
Kunst völlig unfähig. Ob der Künstler,
welcher zur Zeit 69 Jahre alt sein
müßte, noch lebt, ist uns unbekannt.
Wir lassen nun eine Uebersicht seiner
Comvositionen folgen, soweit wir davon
aus den höä>st unvollständigen Musik-
katalogen Kenntniß erhielten. Für die
Musiklexika der Gegenwart — Berns-
dorf-Schladebach, Gaßner, Rie°
mann u. s. w. — in welchen doch
manche andere weniger bedeutende
Musikgröße verzeichnet erscheint, ist unser
Künstler eine unbekannte Größe. Als
Clavierspieler rühmte man seinen zarten
von aller Effekthascherei entfernten Vor»
trag im Cantabile und sein besonders
reines und deutliches Spiel. Was seine
Compositionen betrifft, so erfreuten sich
dieselben — wie schon die hohe Opus»
zahl dafür spricht — in den Salons der
KiFk 1it6 großer Beliebtheit, es sind
echte Salonstücke, brillant in der ganzen
Anlage, aber ohne Tiefe; oft originell
in der Auffassung, aber wenn sie ver-
klungen, keine Erinnerung zurücklassend.
Erst in letzter Zeit, als er das „Archiv
classischer Tonkunst" herauszugeben be-
gann, betrat er ein reineres Terrain;
seine Zeit war jedoch vorüber, Wag neu
und dessen Gefolge beschäftigten die
musicalische Welt, und der greife und ge-
lähmte Componist war vergessen.
Allgemeine Wiener Musik-Zei tung.
Herausgegeben von Dr. Nugust Schmid
(4°) 1846. Nr. 14: „Ferdinand Wald'
müller". — d'Elveri (Christian Michael
Ritter). Geschichte der Musik in Mähren und
Oesterreichisch-.Hchlcsien mit Rücksicht aus die
allgemeine, böhmische und österreichische
Musikgeschichte (Brunn jt>7^, gr. t>".) in den
Beilagen S. !87 und 20A.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon