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Albrecht Wenzel Euseb 213 Maldftein^ Albrecht Wenzel Euseb
werden. Man trat mit der Forderung an W al«
len stein heran, seine Regimenter zu disloci'
ren; aber seine Bestrebungen gingen dahin, sein
Heer möglichst concentrirt zu behalten und
stets an der Spitze der Bewaffneten zu
stehen. Auf alle Vorstellungen, die auf ein
Nachgeben seinerseits abzielten, hatte er ein
trockenes „Es kann nicht sein". Eine Denk<
schrift über Wal len stein, welche der vor«
genannte ?. Alexander auf Grund von
Mittheilungen, die ihm der böhmische Kanzler
Wilhelm Graf S lawata gemacht hatte, zu
München im April l629 verfaßte, gibt Auf«
schluß darüber, was man damals Alles dem
Herzoge — freilich nicht ganz mit Unrecht —
zur Last legte. Indessen dauerten die Be<
drückungen des Heeres fort. Da von Seite
des Kaisers nichts geschah, um dem Treiben
Wa llenstein'ö zu steuern, rächten sich die
Neichsstande durch Widerstand, welchen sie
dem Kaiser entgegensetzten, und traten auf
dem Reichstage zu Reaensburg, wo Ferdi«
nand am 7. Juni 163U seinen feierlichen
Einzug gehalten, der Absicht desselben, die
Königswahl seines Sohnes durchzusehen, mit
offenbarem Widerspruch entgegen. Endlich
siegten doch die Gegner. Der Kaiser mußte
in des Feldherrn Entfernung vom Heere wil<
ligen, dem dringenden Wunsche der Stände
nachgeben, das Heer selbst auf weniger als
die Hälfte herabsetzen, und zwar Zu einer
Zeit, als die Schweden Deutschland zu be<
treten im Begriffe , waren. Wallenstein
befand sich eben zu Memmingen, als er des
kaiserlichen Commandos enthoben wurde. Er
nahm seine Entlassung mit der ganzen Fassung
eines Weltmannes entgegen und begab sich
zunächst auf seine Güter in Böhmen. Dann
ging er nach Prag. wo er mit fürstlicher
Pracht — im Gegensatze zu der ihm wider«
fahrencn Erniedrigung — lebte. Hundert
Häuser riß man nieder, um vor den sechs
Thoren des herzoglichen Palastes geräumige
Plätze zu erhalten. Die Vorzimmer füllten
eigene Garden, eine ebenso Zahlreiche als
prächtige Dienerschaft, 60 Pagen, 2u Kammer«
Herren von Adel harrten auf den Wink des
Herzogs. Ja Manche gaben den kaiserlichen
Kammerderrnschlüssel zurück, um in dieselben
Dienste Wallenstein's zu treten. Bei Tag
Uno Nacht hielten zahlreiche Patrouillen jeden
Lärm entfernt, und die Gassen wurden mit
Ketten gesperrt, um das Gerassel der Ca«
rossen abzuhalten. Wenn er reiste, geschah es
mit einem Gefolge von 20li Wagen. Aber j diese dem Feldherrn wider Willen abge«
nöthigte Ruhe sollte nicht von lcmqer Dauer
sein. Die Schweden rückten immer näher.
Nach dem Siege bei Leipzig (l63l) breiteten
sie sich immer weiter aus im Reiche, die
Sachsen brachen in Böhmen ein. Des ge>
fürchteten T i l l y Stern schien zu erblassen,
das Kriegsglück, ihm bislang hold. schien ihn
verlassen zu haben. Da richteten sich denn
Aller Augen wieder auf den Friedländer, und
namentlich war es der Kaiser, dessen Ver«
trauen sich dem erprobten Feldherrn, welchem
das Heer mit fast fanatischer Verehrung an-
hing, wieder zuwandte. Aber Wal l enstein.
der hohe Gunst erprobt und ihren Wechsel
erfahren hatte, ging nicht sofort auf die ihm
gemachten Anträge ein. War es. um Zeit zu
gewinnen für Verhandlungen mit den Fein-
den. mit denen er sich bereits eingelassen
haben soll. war es. um möglichst vortheil»
hafte Bedingungen für sich zu erhalten, die
Sache ist heute noch nicht aufgeklärt, gewiß
ist nur, daß er sich sehr langsam entschied,
und daß er llnbeschranktheit in Macht und
in den zu ertheilenden Belohnungen, und
zwar beides in einer Art verlangte, zu
welcher die spätere und frühere Geschichte
kein Seitenstück bietet. Dieser kühne Miß-
brauch der bedrängten 3age seines Herrn und
Kaisers bleibt unter allen Umständen ein
Makel in seinem Ruhmeskranze. Sehen wir
uns zur Rechtfertigung des Vorstehenden
diese Bedingungen näher an. Wallenstein
sollte mit ungemessener Vollmacht, selbst ein
König, seinem Herrn, seinem königlichen
Gegner gegenüberstehen: der Kaiser sollte
selbst nichts bei dieser Armee zu befehlen
haben, nie bei derselben erscheinen und weder
für sich noch für seinen Sohn, den König von
Ungarn, Ferdinand I I I . , das oberste
Commando derselben in Anspruch nehmen,
und bei allfälligcm Rückzüge sollten dem
Herzoge alle Erbstaaten offen stehen. Bei der
künftigen Frieden so erHandlung sollte Letz-
terem eine Entschädigung für das durch das
Collegium der Kurfürsten ihm wieder ent-
rissene Mecklenburg ausgemittelt und ihm
überdies zur Belohnung ein kaiserliches Erb'
land gegeben werden. Endlich behielt sich
Wallenstein über alles im Reiche Eroberte
und Consiscirie die freie Disposition vor,
Znaim war der Sammelplatz der Truppen,
wohin alle Generäle und Obersten, dienende
und entlassene, geladen wurden. Er bewog
die Begüterten, auf eigene Kosten zu werben.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon