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in, Johann Friedrich 224 Maidftein, Johann Friedrich
dem Kaiser den Königgrätzer Bischof Io»
hann Friedrich zum Erzbischof. Wenige
Tage darauf erfolgte auch dessen Ernennung
zu dieser Würde, und bereits am l5. Juni
betraute ihn der Kaiser mit der Administra»
tion der ^bischöflichen Güter. Am 2. De»
cember 1673 wurde er in Rom confirmirt,
lind am 14. Mär; 1676 hielt er seinen feier»
lichen Einzug im Präger Dome. 18 Jahre
hatte er ruhmvoll wie wenige Kirchenfürsten
seine Diöcese regiert, als rr 1684 in seinem
Schlosse Dur ron den Blattern befallen, den«
selben in wenigen Tagen erlag. Der Erz»
bischos führte ein wahrhaft heiligmäßiges
Leben. Obwohl einer der ersten Familien des
Landes cmgebörend und reich vom Hause,
zog er sich von allem weltlichen Verkehre
zurück, lebte in einfachster Weise und schlief
auf bloßen Brettern. Was er durch solche
Enthaltsamkeit sich selbst entzog, widmete er
den Kirchen und den Armen. In seinem
Wesen nur streng gegen sicli selbst, dagegen
milde und nachsichtig gegen Andere, hieß er
ein ,Spiegel der Bischöfe". Die kirch<
Uchen Pechältnisse waren damals in Folge
der Nachwehen der religiösen Wirren noch
wenig geordnet. Die Rel igionöerhaltung
— wie man jetzt die weitere Fortsetzung des
Reformauonswerkes nannte — war bis dahin
meist vom weltlichen Regimente geleitet. Der
lfrzbi'chof widmete il?r nun scin Hauptaugen<
merk. Er suchte Ordnung und Einheit im
Gottesdienste und in der Ausspendung der
kirchlichen Gnadcnmiitel herzustellen, was um
so nothwendiger war. als einst die aus den
verschiedensten Diöcesen nach Böhmen zur
geistlichen Aushilfe berufenen Priester überall
die Gebräuche ihrer Heimat beibehalten hatten.
1676 gab er nun ein neues ?rovi-wm No-
benua« mit allrn zukünftig zu beobachtenden
besonderen Qfficien heraus, und jeder Geist«
liche n'ußte es sich anschaffen und stch danach
halten. Um diese Zeit legie er auch sein eigenes
^i:itual6 Il.oiu2lio-?i-ll3eu5V" in Druck und
führre es aller irrten ein. Um auch in die
geistliche Amtsführung wünschenswerthe Ein»
hcit zu bringen, erneuerte er am 29. März
1673 die meist von der Prager Synode er«
lassene IliiiN'u^tio DLi-ockoruio.. 167? ließ er
die von seinem Vorgänger, dem Fürsterz«
bischof Kolowrat vorbereitete erste katho-
lische Bibel — vorläufig das neue Testa«
ment — auf eigene Kosten drucken und durch
die St. Nenzelshereditat verbreiten. Ebenso
richtete er seine Sorge auf Vermehrung der Pfarreien und Erbauung neuer Kirchen und
erbaute auf seinem eigenen Patronate zu
Dur. Oberleutensdorf, Moldautein und Iau°
niotvicz auf eigene Kosten neue prächtige
Gotteshäuser. Die Gründung und Berufung
neuer Mönchsorden bildet ein wenn auch
weniger glänzendes Hauptmoment seiner erz»
bischöflichen Negierung, so berief er 1676 die
Serviten in Slep und die Barnabiten in
Wobonste. 1684 die Augustiner in Schlüssel»
bürg. 1685 die Jesuiten in Koschumberg.
167? die Servilen in Gratzen, 1684 die
Fram'iscaner in Ho5otvic, 1690 in Iasmuk,
1697 in Haindorf. 1677 die Capuciner in
Saaz. 1676 in Reichstadt und 1685 in Rum»
bürg. 1688 die Paulaner in Bistriz. i676 die
Augustiner in 2. Benigno, 1688 die Pia«
risten in Kosmanos und in Neustadt an der
Meltau; 1691 die Ursulinermen, zuerst auf
der Prager Kleinseite, später auf dem Hrad-
schin. wo er denselben ein schönes Kloster nebst
Kirche erbaute. Im Uebrigen hatte der Erz»
bischof unter den damals zwischen Staat und
Kirche bestehenden Verhältnissen keinen leichten
Stand. Die protestantische Idee von einem
Oberepiskopate des Landesherrn, wenngleich
vorläufig nur unter der milderen Form des
obersten königlichen Patronates, gewann
immec mehr Geltung. Seit dem Siege auf
dem weihen Berge stand die Königsmacht
wieder auf ihrer Höhe, aber der König selbst
wohnte nicht mehr im Lande, und die nun
daselbst seine Stelle vertraten, früher dem
Erzbischofe höchstens gleichgestellt im Rathe
der Fürsten, wollten in Ausübung ihrer Be«
fugnisse eine solche Grenze nicht mehr aner»
kennen. Ferner unterstanden die sogenannte
Religionserhaltung und das Gebaren der
Kreismissionäre der weltlichen Regierung.
Als nun gar im Jahre 1664 der Landtag
die directe Besteuerung der Geistlichkeit,
welche sich bis dahin der Immunität von
directen Steuern erfreut hatte, verlangte und
diese Forderung 1693 wiederholte, als er
dann überdies das 3timmrecht des Erz»
bischofs und der Prälaten im Landtage cas«
sirte und die geistliche Bank aus der Land«
tagsstube entfernte, da trafen diese Maß»
regeln schwer das Herz des Erzbischofs. Auch
dem geistlichen Gerichte wurden engere Grenzen
gezogen. Ein Erlaß vom 16. Juni 1688 uer<
wies zunächst die Crimmalfalle der Geistlichen
vor den weltlichen Richter. Ferner erfloß
1691 die Verordnung, daß in allen Fällen,
wo die Partei an die Staatsbehörde appel»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon