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Waldftem, Ferdinand Ernst 232 Waldstein^ Ferdinand Ernst
Ueber die, gelinde gesagt, ganz eigen
tkümlichö Haltung, welche Kuifürst Ma
ximil ian lgeb. 8. December 1736, vom
Jahre 1784 Kurfürst, gest. zu Hetzen-
dorf bei Wien am 27. Juli !803) wäh'
rend der französischen Revolutionskriege
seinem Neffen. Kaiser Franz I I . , dem
Chef des Hauses, gegenüber an den Tag
legte, g^ben Vivenot's Werke i „Her-
zog A lbreck t von Lachsen - Teschen"
und „Vertrauliche Briefe des Freiherrn
von Thugut" (Wien 1872) nähere
Aufschlüsse. Der Kurfürst suchte nun
auch den Grafen von Wald stein für
seiue politischen Ansichten zu gewinnen;
aber seine Bemühungen waren erfolglos,
und endlich fand sich Letzterer am Cölner
Hofe so wenig an seinem Platze, daß er
<um jeden Preis seine Stellung daselbst
aufgeben wollte. I n der österreichischen
Armee, welche damals theils mit über-
zähligen, theils mit fremden Officieren
überfüllt war, gab es für den Grafen,
der doch nur einen höheren Ofsiciers-
posten beanspruchen konnte, keine Aus»
siebten. (5r besprach sich init Baron Thu-
gut deshalb und wendete sich mit dessen
Vorwissen im December 1794 an seinen
Freund, den Fürsten Starhemberg
I M . XXX.VII, Z. 209^, Botschafter
am großbritannischen Hofe, mit der
Bitte, ihm den Eintritt in die englische
Armee und die Bewilligung zur Errich-
tung eines deutschen Regiments in briti-
schen Diensten zu vermitteln. Sollte dies
jedoch nicht gelingen, sl) wünschie Graf
Waldstein, die englische Regierung
möge ihm die Bewilligung zum Anbau
eines uncultivirten Landstriches in den
Antillen, in Bahama oder dem englischen
Antheil von St. Domingo gewahren.
Als nun der Kurfürst von des Grafen
energischen Bemühungen, in englische
Dienste zu treten, hörte und demselben darüber Vorstellungen machte, kam es
zum offenen Bruche. Maximi l ian fand
die Inhaberschaft eines englischen Regi-
ments unvereinbar mit der Stellung des
Grafen als deutscher Ordensritter' Letz»
terer dagegen meinte: die politische Hal-
tung des Kurfürsten sei ebenso unver-
einbar mit seiner eigenen als Oe'terreicher.
Und so schieden sie. Starhemberg
aber setzte es kraft seines Einflusses durch,
daß Wald stein die Bewilligung zur
Errichtung eines Regiments im englischen
Dienste erhklt, zu welchem Zwecke der-
selbe eine Convention unter ziemlich be-
friedigenden Bedingungen mit dem briti-
schen Obersten Nes bitt abschloß. Als
aber der Graf für das in Deutschland
anzuwerbende Regiment Depots in Haar-
burg, Siade und Bremerlohe errichten
wollte, bereitete ihm die hannover'sche
Regierung nicht geringe Schwierigkeiten.
Wohl waren die Minister Beulwitz und
Arnswald geneigt, seinen dringlichen
Vorstellungen nachzugeben, aber an dem
Starrsinn des Grafen Kielmanns»
egge und den demokratischen Gesinnun»
gen des Geheimsecretäis Rudloff schei-
terte Alles. Als Haufttursache der ihm
entgegengestellten Hindernisse gibt Graf
Wald stein den Haß des hannover'schen
Ministeriums gegen das englische an.
Unter solchen Umständen ging die Auf-
stellung des Regiments nur sehr langsam
von Statten. Sie fand zu Pyrmont statt,
wo der Fürst von Wald eck das Unter»
nehmen sehr unterstützte. Ende October
1793 erfolgte die Ueberschiffung des Re-
giments nach England. Obwohl dasselbe
erst 200 Mann zählte, so hegte Graf
Wald st ein doch große Hoffnungen
hinsichtlich der Kriegstüchtigkeit seiner
Truppe und scheute keine Kosten für die
Werbung — er zahlte sogar bis zehn
Guineen per Kopf — jagte alle schlecht
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon