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Maldfteiu, Ferdinand Ernst 233 Maldftein^ Ferdinand Ernst
Conduisirten weg, schickte die Zweifel-
haften und Unzufriedenen anf Urlaub
und verkaufte keine Ofsiciersstellen. Im
December wünschte er die Zutheilung
zum Eondö'schen Corps oder zur Armee
in Italien. I n den Briefen an seinen
Freund Starhemberg nennt sich der
Graf scherzweise: „ l^ r la. Or^os äo
I)iou ot du Onmt
3. KI. W-it^i." Er stand längere Zeit
in englischen Diensten. Auch sonst noch
spielte er in jenen bewegten Tagen eine
große Rolle. Wohl versuchte es der Kur-
fürst, sich dem Grafen wieder zu nähern,
er lud ihn zur Rückkehr an seinen Hof
ein unter, den früheren Verhältnissen;
aber so lange Maximi l ian sein Ver-
halten gegen den Wiener Hof nicht
änderte, wollte auch Wald stein von
einer Rückkehr nichts wissen. Derselbe
blieb als englischer Oberst immer in wich-
tigen Verbindungen, wurde im denk-
würdigen Jahre 1809 dei Aspern und
Wagram als großbritannischer Oberst
und englischer Commifsär im österreichi«
schen Hauptquartier zugetheilt und agi-
tirte mit großer Kühnheit gegen Frank'
reich selbst noch nach dem Frieden in
Tirol. Der zweite Band der Hor°
mayr'schen „Lebensbilder aus den Be»
freiungskriegen" bringt mehrere Acten-
stücke, welche Waldstein's Einfluß in
der damaligen Zeit beweisen, so enthält
derselbe auf S. 28, Nr. 4: „Actenstücke
über die letzten Tage Schill 's und
seiner Gefährten, eingesendet aus dem
deutschen Norden von dem Grafen Fer-
dinand Ernst von Waldstein-Dur,
ehemals kurcölnischer und deutschnordi»
scher Geheimrath, Stralsund 30. Mai
1809 u. s. w.", dann S. 36, Nr. 3:
,Der Generalissimus Erzherzog Karl
und der Minister des Aeußern Philipp Grafv. Stadion an den Grafen Wald-
stein über eine englische Landung und
gleichzeitige Insurrektion in dem deutschen
Norden, Wagram 1809" und S. 33,
Nr. 7: /Der Graf von Waldstein
über dasselbe durch Oesterreichs Waffen-
stillstand verspätete Project an das eng-
lische Ministerium ääo. London <6. Oo
tober 4809". Man sieht, daß der Graf
in jenen denkwürdigen Jahren eine ein-
flußreiche politischeRolle spielte. Auch war
er ein Freund und Beschützer Beetho-
ven's, der ihm die Sonate (7-^?-
(0p. 33) dedicirte. Im Jahre 1812
legte er die Comthurwürde des deut-
schen Ordens nieder und verheiratete sicl>
mit Isabel la Gräsin Rzewuska.
Aus dieser Ehe ging eine Tochter 3ud>
mil la hervor, welche sich mit dem
Grafen D eym vermalte. Andreas Graf
Thürheim, der Geschichtschreiber und
Verherrlicher der österreichischen Arme?,
dem wir so viele interessante biogra»
phische und kriegsgeschichtliche Werke ver-
danken, theilt dem Verfasser dieses Lexi-
kons aus dem Tagebuch seines Groß-
vaters, des Fürsten Ludwig Joseph Max
Starhemberg, eine Charakteristik des
Grafen Waldstein mit, aus welcher
wir das Nachstehende entnehmen: „Graf
Ferdinand Waldstein", schreibt der
Fürst, „ist von meinem Alter, wohl-
gestaltet, doch etwas zu beleibt und dick.
Er besitzt viel Geist und eine sehr aus»
gedehnte wissenschaftliche Bildung' er
spricht mit Leichtigkeit französisch, deutsch,
italienisch und englisck, versteht auch gut
lateinisch. Die englische Sprache machte
er sich während seines Aufenthaltes in
London eigen und kennt sie gründlich,
obgleich man an seiner Aussprache den
Fremden erkennt; er macht auch ganz
nette Verse in dieser Sprache; hat aber
den Fehler, diese selbst sehr zu bewun-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Band 52
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Vrčevic-Wallner
- Band
- 52
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 342
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon