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Malther von der Vogelroeide 28 Malther von der Vogelweide
der Wartburg sich beteiligt dabe. wird hin«
fällig, da neuere Forschungen diesen Länder«
krieg ganz und gar in Abrede stellen. Dann
scheint er wieder nach Wicn. wo jetzt Leo«
pold VI I . regierte, gegangen und daselbst
b'ä Anfang 120'» geblieben zu sein. Von
Wien begab er sich an den Hof Bern»
hardt 5 von K ärntc n. und von 'da durch
Intriguen vertrieben, kehrte er im Jahre
120l) nach Tbüringen zurück. Daselbst
sHeint er den Schwiegersohn des Landgrafen,
den Markgrafen Dietrich von Meißen,
kennen gelernt, idn dann 1212 in dem benach«
barten Meißen besucht und jenen freund-
schaftlichen Bund geknüpft zu haben, der
später den Fürsten und den Dichter vereinte.
Nach H e r m anno Llbfall vom Kaiser
konnte er nicht langer in Thüringen bleiben
und kebne an den Hof des Kaisers zurück.
Wie er dann diesen Hof verließ und an jenen
Friedrichs zog. wurde bereits erzählt. Auf
dein Lehen, welches ihm Fried ri ch verlieben
hatte, befand er sich 121?, worauf er wieder
an den Wiener Hof ging. Von da aus be»
suchte er den Herzog H einrich von M cdlich,
der zu Mödling bei Wien Hof hielt, dann
Bertbold von Andechs und den Pa«
triarcken von Aauileja, Im Frühjahr
1220 verließ er Nien. um den: Rufe des
Baisers Friedrich zu folgen, der ihm, wie
schon erwäbnt. die Erziehung seines Sohnes
anvertraute. Nachdem er nur noch kurze Zeit
auf seinem Leben bei Würzburg gelebt,
dürfte er auch auf demselben gestorben sein.
Dies sind die Momente seines Lebens, die
nch ?um Tkeile aus seinen Dichtungen, zum
Tbeile aus den kargen Nachrichten seiner
Zeitgenossen mit mehr odcr weniger Wahr»
scheinlichkeit bestimmen lassen. Wa l tde r
nimmt unter den Lnrikern des Mittelalters
die erste Stelle ein. Die l>ol>e Bedeutung,
die ihm zukommt, wurde schon von seinen
Zeitgenossen erkannt. G o t t f r i e d von
S t r a ß b u r g . Hugo von T r imberg
preisen ihn als Meister des Tanges. Uhland
schreibt über ihn: „Als Minnesänger ist rr
der innigste und reichste Port, bei dem wir
alle bekannten Gattungen und Formen des
Minneliedes finden: spielende Wonne. seh<
nendes Leid im Sommer und Winter dienst«
lichcs Werben, Gespräch zwischen Ritter und
Frau, Meldung deä Boten, Trennung der!
Liebenden, wenn der Tag durch die Wolken!
scheit't. Hilferuf an Frau Minne, Klage über!
die Merker, ein verhaßtes Geschlecht, das die! Freuden der Liebe belauert und stört. »Neben
den süßesten Minneliedern singt er aber auch
politische Lieder, die uns den großen und ge-
waltigen Kämpf der Zeit in unmittelbarer
Leidenschaft nahe bringen. Man sieht also,
mit dem Goethe'schen: „Ein politisch Lied,
ein garstig Lied",, will es nicht ganz klappen:
denn Waltber von der Vogelweide ist,
wie ein großer lyrischer, ein ebenso großer
politischer Dichter, der mit seincr patriotischen
Stimmung Tausende mit sich fortriß, so daß
Thomasin von Zerklaere in seinem
„Wälschen Gast" auöN-ückllch es beklagt, daß
er Tausende beihörr habe, daß sie „überhorten
Gottes und des Papstes Gebot". Davei
ward seine eigene reiche Natur, sein warmes
Empfindungs» und Gedankenleben unterstützt
von einer Sprache, welche die größte Man»
nigfalcigkeit der Formen darbietet, die er mit
künstlerischer Meisterschaft beherrscht, von einer
Sprache, welche zu gleicher Zeit alle Schu-
lung und Zierlichkeit der höfischen Ausdrucks-
weise besitzt und mit bildlicher Kraft die sinn»
liche Frische des Volksliedes vereint. Die
Einwirkung desselben auf die zeitgenössische
und die sich unmittelbar anschließende ritter«
licke Lnrik war eine außerordentliche. Aber
schon er selbst beklagt in seinen späteren
Tagen dcn Verfall der edlen bösisckcn Sitte
und eckten Kunst; in den Erinnerungen der
Meistcrsänger lcbcc er wol'l selbst noch ein
paar Jahrhunderte fort, aber seine Dicktun»
gen wurden nichtsdestoweniger vergessen, und
erst um die Mitte dcs vorigen Jahrhunderts
sind es I . Iac. Bodm er und I, Jacob
Breit inger, welche in ibrer Sammlung
von Minnesängern aus dein schwäbischen
Zeitpunkte scin Andeuten er,ieurrn; erst unser
N hl and füdrte ihn uns in seiner ganzen
Brdeunin^ vor. und Lach mann eröffnete
mit seiner Ausgabe dcn Reigen, an den sich
dann neue, immer vollkommenere Ausgaben
und Uebersoftungen schlössen, so daß eine nicht
unbedeutende „Walther von der Vogelweide«
Literatur" sich entfaltete, von welcher wir im
Folgenden eine möglichst vollständige Uebersicht
geben. I. Ausgaben der Gedichte Walther's
von der Vogelweide (chronologisch geordnet).
„Waltber von der Vogelweide. Gedichte".
Herausgegeben von K. Lach mann (Berlin
1827, Reimer, gr. 6".; 2. Aufl. ebd. 1848).
— „Minnesinger. Deutsche Liederdichter
des zwölften, dreizehnten und vierzehnten
Iahrdunderts aus allen bekannten Hand-
schriften und früderen Drucken, gesammelt
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon