Seite - 42 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
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N) Georg Wilhelm 42 Walterskirchen, Georg Wilhelm
Armen der Stadt und Umgebung unent.
geltlich mit Arzeneien zu versehen; ferner
urganisirte er das Armenwesen der Stadt,
indem die Gründung des städtischen
Lazarethes, dessen innere Organisation
auch ganz und gar von ihm herrührte,
größtentheils sein Werk war; er förderte
den großartigen Bau in der Neustadt für
Wohnungen unbemittelter Leute, die
rationelle Bewirthschaftung der städtischen
Gründe, den Bau der Preßburg'Tyr»
nauer Bahn, überhaupt war er einer der
Wenigen, die schon in den Dreißiger»
Jahren die jetzt brennend gewordenen
Uebelstände der socialen Frage voraus-
sehend, in ihrem Wirkungskreise dem Uebel
vorbeugen wollten: so stammen von ihm
unter dem Motto „Armut verhindern ist
ebenso vorzüglich, als Armut unter-
stützen" groß angelegte bis ins Detail aus-
gearbeitete Vorschläge eines wechselsei-
tigen Versorgungsvereines für die ärmere
vom Taglohne lebende Menschenclafse,
welchen er vorerst für die landesfürstlichen
Städte Hainburg und Brück, für seine
Fideicommißherrschaft Wolfsthal und
die nachbarlichen Herrschaften Rohrau,
Petronell und Deutsch-Altenburg und
späterfür die königliche Freistadt Preßburg
ins Leben rufen wollte. Doch scheiterte
seinVorhaben an dergeringenBeachtung,
deren die sociale Frage in jener Zeit
gewürdigt wurde. Walterskirchen
war nicht nur nominelles, sondern wirk-
lich thätiges und stets opferwilliges Mit-
glied aller gemeinnützigen Vereine dieser
Stadt, die ihn im Jahre 1830 zum Ober-
sten ihrer Bürgerwehr wählte und seit
Decennien kaum je etwas, ohne seinen
gewichtigen Nath einzuholen, beschloß.
Auf diese Art, heißt es in dem ihm gewid»
meten Nachrufe, hat er die Kluft, welche
in Deutschösterreich zwischen Herrn und
Unterthan, in Ungarn zwischen Adel und Stadt bestand, überbrückt; er war das
Ideal eines Landlords, durchdrungen
vielleicht noch mehr vom Bewußtsein
seiner Pflichten, als von dem seiner Rechte,
die er übrigens als Mitglied des nieder»
österreichischen Herrenstandes in den Land»
tagen vor 1848 in hervorragender Weise
in dem Sinne geltend machte, um einer«
seits an die Stelle des als unfruchtbar
bewiesenen Absolutismus eine frische ruh«
rige Selstverwaltung zu setzen, während
er anderseits als Magnat des Königreichs
Ungarn bei der immer höher gestiegenen
radicalen Opposition mit den Conserva-
tiven stimmte. Er war kein Mann, der
Alles über einen Kamm schor, sondern er
prüfte genau und eindringlich und wählte
nur das, was den Bedürfnissen und den
Umständen zunächst und am wirksamsten
entsprach. Dabei wuchs sein Ansehen
nicht nur in den unteren Volkskreisen, die
ihn wie einen Vater verehrten, sondern
auch bei den Männern, welche damals
das Staatsruder führten, so daß ihn nach
dem Jahre 1849 der Ministerpräsident
Felix Fürst Schwarzenberg wieder»
holt bei wichtigen Anlässen zu Nathe zog.
So war er denn in der That ein Liberal-
Conservativer, als welcher er sich später
aucb im niederösterreichischen Landtage
und im Abgeordnetenhause des österrei»
chischen Reichsrathes bewährte. Vorher
noch übernahm er aus reiner Loyalität und
um mit dem Beispiel voranzugehen,
das schwierige und mißliche Amt eines
Präsidenten der oberungarischen Steuer»
Regulirungs'Commission, in welcher er
unentwegt den Grundsätzen des Rechtes
und der Billigkeit ebenso mit Sachkennt»
niß wie mit Gewissenhaftigkeit Ausdruck
gab. Als endlich nach dem politischen
Umschwung, der nach dem Jahre 1859
eintrat, die Verwirklichung der längst
verheißenen, aber durch schlimme Verhält-
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon