Seite - 80 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
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Mard 80 Ward
Ward diese hohen Stellungen erklomm,
hatte sich der Herzog auch in politischen
Angelegenheiten an ihn gewendet, nnd
wie einst Ludwig XII . Alle, die von
Regierungssacben, ob dieselben das In-
nere oder die Außenlage betrafen, mit
ihm svrecben wollten, mit den Worten:
„fragt Georg" an den Cardinal von
Amboise verwies, so pflegte Herzog
Karl von Lucca jedes Anliegen, das
ihm gemacht wurde, mit „Sprechen Sie
darüber mit Ward" zu beantworten.
Minister Ward bewahrte sich als der
Staatsmann, der in den verwickeltsten
Fällen der auswärtigen Politik nie seine
Fassung verlor, der als Schiedsrichter in
den schwierigsten Punkten der inter-
nationalen Politik mit anderen Staaten
seinen Scharfsinn bewies und die höchste
Autorität in allen inneren Angelegen-
heiten war. Daß er in seiner. Stellung
ebenso im Lande wie auswärts ange<
feindet wurde, ist bekannt, aber da er
einmal diesen Posten einnahm, focht ihn
dies wenig an, seine schroffe, starrköpfige
Rechtschaffenheit und eine aufrichtige
herzliche Anhänglichkeit an seinen Fürsten
half ihm über dergleichen weg. Stark in
dem Bewußtsein seiner Rechtlichkeit und
in dem Vertrauen seines Fürsten, stand
er zwar allein, aber furchtlos gegen alle!
Tücken und Machinationen seiner nie j
ruhenden Widersacher und Nebenbuhler,!
denen es auch gelang, ihn in den Volks'!
kreisen zu verdächtigen, und zwar um so!
leichter, da er selbst ein Fremdling war
und das Volk gegen Emporkömmlinge
immer ein mehr oder weniger berechtigtes
Mißtrauen zu beobachten pflegt. Als
nun im Jahre 1847 die Unruhen in
Toscana ausbrachen, folgte auch das
Land Lucca mit Demonstrationen, doch
waren diese vorübergehend. Der Herzog,
der Lucca verlassen, kehrte bald zurück j und beschäftigte sich ernstlich, Ordnung
und friedlichen Verkehr wieder herzu-
stellen, das Vertrauen der Bürger zur
Regierung zu stärken und die allgemeine
Ruhe zu befestigen. Aber Ward, dessen
Gemalin (eine Oesterreicherin, eine ge«
borene Luise Genthner) am 6. Sep<
tember Abends im Theater mit den
Aeußerungen jenes unsinnigen Haffes
bedroht worden war, der damals durch
die von außen inspirirten Aufwiegler
systematisch genährt wurde, wollte seine
Familie nicht weiteren Rohheiten aus-
gesetzt sehen nnd reiste daher mit ihr schon
! am folgenden Tage nach Wien ab. In-
^ dessen setzte die revolutionäre Propaganda
die ehrenrührigsten Gerüchte in Umlauf,
! unter Anderem, daß Ward mit der
i Staatscasse durchgegangen sei, und nutzte
! seine Abwesenheit auch sonst aus, indem
! Marchese Mazzaro sa, einer der Haupt-
! urheber der Bewegung, mittlerweile von
dem Herzoge mehrere Zugeständnisse,
unter andern auch die Entlassung
Ward's, zu erpressen suchte. Von allen
Forderungen bewilligte der Herzog keine,
nur in Betreff Ward's erklärte er: Der«
selbe habe bereits selbst seine Entlassung
verlangt, es stehe ihr daher nichts im
Wege, übrigens werde Ward, sobald
er von der Reise zurückgekehrt sei, über
den Finanzetat Rechnung ablegen. Damit
aber war Mazzarosa nichts weniger
denn befriedigt und bestand auf seinen
Forderungen. Da kam denn nun auch
der Herzog seinerseits zum Entschluß.
Ohne ein Zugeständniß zu machen, ver-
traute er die Regierung wieder dem
Staatsräthe an und begab sich sofort
nach Massa und von da nach Modena.
Der Staatsrath ernannte auch sogleich
eine Commission zur Untersuchung des
Finanzetats, deren Ergebniß jedoch zur
vollen Rechtfertigung des Ministers aus«
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon