Seite - 223 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
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Webercus 223 Mebercus
seiner Würden entsetzt und nach Sibirien
geschickt worden war, befand sich der
mittlerweile zum Leibtrabanten der Kai-
serin vorgerückte W e b e r c u s ohne
Schutz und wurde zuletzt entlassen, nach-
dem er noch tausend Silberrubel zum
Abschied eingehändigt erhalten hatte.
Nach verschiedenen Geschicken: wie mehr-
wöchentliche Haft als russischer Spion in
Warschau, kurzer Aufenthalt in Stutt-
gart, wo er wegen der verhängnißvollen
Ohrfeige, die er der Frau von Grae-
venitz gegeben, den Groll des Herzogs
Eberhard Ludwig noch fühlen mußte,
diente er als Portier am Römer in
Frankfurt a. M., gab aber nach längerer
Zeit, der Faulenzerei müde, diesen Posten
auf und ging nach Berlin, in der Hoff-
nung, dort wieder gnädige Aufnahme
vor König Friedrich W i l he lm I . zu
finden. Dieser aber, erbittert über seinen
Gardisten, der eigenmächtig den sechs-
monatlichen Urlaub auf mehrere Jahre
ausgedehnt hatte, ließ ihn in die Festung
Küstrin setzen. Daselbst war Webercus
unter Anderem Augenzeuge dec Hinrich-
tung von Katte's, und da ihm die harte
Gefangenschaft nicht behagen wollte, be>
schloß er zu fliehen und bewerkstelligte
seine Flucht in ebenso gewagter als sinn-
reicher Weise. Sie glückte, und er gelangte
unangefochten nach Dcutz am Rhein, wo
er bei dem Director einer englischen
Kunstreitertruppe, Namens Cowley,
eintrat und unter dem Namen „Schwarz»
waldmann" die Rolle eines Menschen-
fressers spielte. Mit dieser Gesellschaft
zog er in den Städten umher und kam
auch nach Bremen. Da brach während
einer Vorstellung in der Manöge Feuer
aus, der Director, dessen Tochter und
viele Zuschauer verunglückten. Cowley's
Witwe sammelte die Trümmer ihres
Eigenthums und reiste mit Webercus und einigen Mitgliedern nach Hamburg.
Dort wurde sie wahnsinnig, Webercus
brachte sie zu ihren Verwandten nach
London, erhielt aber dort das für die
Reise ausgelegte Geld nicht zurück und
wurde schuldenhalber ins Gefängniß ge-
setzt. Aus diesem befreite ihn ein Zucker-
fabrikanr, dessen Bekanntschaft er zufällig
gemacht hatte. Bei demselben diente er
einige Zeit als Knecht, ging dann nach
Holland und erhielt in Amsterdam eine
Anstellung als Drillmeister, als welcher
er die von Seelenverkäufern zusammen-
gebrachten, für den überseeischen Sol-
datendienst bestimmten Leute, bevor sie
nach Ostindien geschickt wurden, noth-
dürftig militärisch ausbilden mußte. Von
Sehnsucht nach seiner Heimat getrieben,
nahm er nach vier Iaahren seinen Ab-
schied und kehrte nach Württemberg zu-
rück. Da dort indessen Prinz Kar l
Alexander als Fürst regierte, unter
welchem er gegen die Türken gefochten
hatte, so wurde er als Leibtrabant ange-
stellt. Als aber dieser Fürst am 12. Mär;
1737 plötzlich starb, erhielt Webercus
seine Entlassung und ergab sich dem
Trunke, bis sein ganzes Geld zur Neige
ging. Nun kehrte er nach Holland zurück,
in der Absicht, wieder als Drillmeister
einzutreten. Da sich keine solche Stelle
für ihn fand, nahm er den Posten eines
Unterofficiers bei einer für Sumatra be-
stimmten Militärabtheilung an. Auf der
Fahrt befiel ein mächtiger Orkan das
Schiff, und es scheiterte an der africani-
schen Küste. Webercus, der Capitän
und noch fünfzehn Andere retteten sich,
geriethen aber auf ihrer Wanderung nach
bewohnten Gegenden in die Gefangen-
schaft der Mauren, von denen sie als
Sclaven verkauft wurden. Als solcher
kam der Riese zu einem maurischen Kauf-
manne. Eines Tages, als er, unbekannt
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon