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Weidmann, Franz Karl 264 Weidmann, Franz Karl
leickt noch lange würden unemdäckc ge-
blieben sein, und in welche auch kommende
Generationen ihm willig folgen werden.
Dabei bevölkert er die Gegenden, in
welche er uns führt, mit den Gestalten
der Geschichte und der Sage und belebt
so die Stille der Thäler, die Schrecken
der Abgründe mit traulichen befreun-
deten Geistern. Seine topographischen
Schriften über Oesterreicb und Steter»
mark werden für Leute, die abseits der
Bahnen die Herrlichkeiten aufsuchen,
heute und noch lange ihren Werth be-
halten, da sie immer genaue und interes»
sante Angaben enthalten. I n den letzten
Jahren war er im Sommer fast ein stän-
diger Gast des Reickenauer Thales, so
daß man sieb gewöhnt hatte, ihn zur Ge°
gend zu rechnen wie die riesigen Berge
und den wilden Stur;bach. Weidmann
hat das hohe Alter, wenn wir den ge»
wohnlichen Angaben folgen, von achtzig
Jahren, und ein noch höheres, wie er
selbst behauptete, erreicht. Doch ist in
dieser Hinsicbt, wie bezüglich seiner münd»
lichen Mittheilungen überhaupt, Vorficht
geboten gewesen. Wahr und aufrichtig
in Allem, gestattete er doch seiner Phan-
tasie, gerade in denjenigen Daten, welche
ihn selbst betrafen, hin und wieder einige
Variationen anzubringen, welche Jene,
die ihn langer kannten, bei dem Ab-
weichen von dem schon früher Erwählten,
einigermaßen befremdeten, und im Kreise
seiner Iugendbekanuten. zu denen vor
allen der alte Wiener Bauerle gehörte,
ging sogar die Sage, daß sein Geist in
freundlichen Dichterträumen sich zuweilen
in weit entlegene fremde Länder und
Gegenden habe tragen lassen, die er dann
auch leiblich besucht zu haben glaubte,
ohne daß seine näheren Freunde diesen
Glauben mit ihm theilen wollten. Wenn
er von anderen Gegenden als Oesterreich und Steiermark mit einer Anschaulich«
keit erzählte, als wenn er dort gewesen
wäre, was er zuletzt auch behauptete,
dann sagte der alte Bäuerle: „Der ist
mit den Siebenmeilenstiefeln der Lüge
durch die ganze Welt gereist. Wenn er
von seinen Reisen erzählt und über
Oesterreich und Steiermark hinauskommt,
ist ihm keine Sylbe zu glauben." Daher
liest sich auch ein Bericht im Frankfurter
Conversationsblatte im November 4844,.
der über die Reisen unseres Schriftstellers
in Dalmatien und Montenegro, von einer
bevorstehenden Reise desselben nach
Aegypten und Syrien schreibt, für Jeden,
der W e i d m a n n und diese seine
Schwäche kannte, gar zu komisch. Wenn
in den vielen Nekrologen über ihn von
den von ihm unternommenen „weitesten
Reisen" geschrieben wird, so hat der Zufall
auch hier, wie schon oft in Gestalt eines
Druckfehlers, komisch mitgespielt, da die
Stelle: „daß der Tourist Weidmann
sich in den weitesten Reisen und über
die Grenzen seines Vaterlandes hinaus
einen nachhaltigen Namen gemacht",
lauten muß: daß der Tourist Weid-
mann sich in den weitesten Kreisen
einen.... Namen gemacht. Im Ganzen
war er als Mensch überall gern gesehen
und sprach bis in sein hohes Alter 5ei
Redactionen häusig vor', seine Gut»
müthigkeit war von seltener Art, rmd
äußerte er sich auch über die Zeit nach
4848 nicht besonders hold, wurde er doch
nicht ungerecht gegen Andersdenkende
und spielte nie, obwohl er Gelegerheit
hatte, in auserlesene Kreise zu komnen,
wie so viele Andere den Angeber. Er
t^at sich auf seinen Patriotismus richts
zugute, aber er war ein Patriot vom
Wirbel bis zur Zehe. Wenige Wochen
vor seinem Tode, als, er seine Krä'te zu-
sehends schwinden sah, richtete er an
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon