Seite - 271 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
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Weidmann, Joseph 271 Weidmann, Joseph
daillon in punctirter Manier (David Weiß?).
— 2) Unterschrift: „Weidmann". Gemalt
von Schellei, gestochen von I . Mecon.
— 3) Costumbild. Unterschrift: „Herr Weid-
mann, k. k. Hofschauspieler. I Als Zep in der
Operette „Der Faßbinder". ! Es geht auf der
weiten Erden doch nichts über ein Glas
Wein". 1807 M. Pöltzel 5c. Ios. Dopler
cisl. (gr, 4°.).
Urtheile von Zeitgenossen über Weidmann.
Castelli schreibt: „Weidmann war in
meiner Jugendzeit der allbelicbte Komiker
des Burgtheaters; er war von mittlerer
Statur, etwas corpulent und machte fast
immer ein sehr verdrießliches Gesicht, und
eben dadurch wurden seine Späße wirksamer;
er stieß auch die Worte meist mit Heftigkeit
heraus und sprach gewöhnlich in österrei»
chischer Mundart. Als Charakterdarsteller war
er nicht sehr bedeutend, er war als Bitter»
mann und als Hipp eltanZ immer nur der
spaßige Weidmann. Er sang auch mit einer
erbärmlichen Stimme in Operetten, nament«
lich machte das Singspiel „Der Faßbinder"
dlos darum viel Glück, weil Weidmann
als betrunkener Winzer sich so äußerst komisch
in einem Haufen von Reifen zu verwickeln
verstand." — Sein Biograph in den „An«
nalen der Literatur und Kunst" faßte ihn. da
er den Nekrolog des Künstlers schreibt, tiefer
auf: „Weidmann", sigt er. „gab jede Rolle
mit gleichem Fleiße. Es wird sich kaum
Jemand erinnern, ihn je nachlässig spiele
gesehen zu haben, lind, ungeachtet er in den
niedrig komischen Rollen manchen Schcrz sich
erlaubte, so fiel er doch nie in Zoten und
pöbelhafte Ausdrücke, selbst damals, als ihm
ganz allein noch vom Kaiser Joseph die
Freiheit zu ertemporircn gestattet war. ließ
er sich zur Uebertreibung nie verleiten und
füllte manche Lücke, die durch verspätete
Auftritte oder andere Weise herbeigeführt
wurde, auf das glücklichste aus. Im Niedrig'
komischen war er unerreicht. Er ist vielleicht
manchmal den Ausländern weniger Liebling
geworden, weil er dieses Rollenfach in Vor«
trag und Sprache local und ibnen ungewohnt
gab. Hingegen zog cr manchmal das Fein-
komische in die mittlere Sphäre herab,- aber
sein tiefes Studium der Natur und die
immer glückliche Laune, mit der er jede Rolle
auffaßte und getreu bis ans Ende durch-
führte, zwangen jedesmal den Kenner und
Nichtkenner zur frohesten SN'.nmung. Ja, > wenn wir von seiner komischen Kraft Alles
mit einem Worte sagen wollen: „Er gab
mancher nur mittelmäßigen oder gar schlechten
Rolle Leben und Charakter und manches
Stück gefiel — weil er Zu gefallen wußte"".
— Graffer, der ihn auch noch spielen ge«
sehen, schreibt über ihn.- „Wer sich noch an
den Komiker Weidmann erinnert, den in
seiner Eigenheit Unvergeßlichen. Unersetzlichen,
den wird auch dieses lobens« und achtens»
werthen Minien sonores'volltönendes wunder-
bar melodisches Sprachorgan im Innersten
erfreuen und wieder klingen. Dieser weichen
metalluollen, herz- und seelengewinnenden
Stimme verdankte er gar manchen Sieg.
W e i d m a n n wird Iedrin gegenwärtig
bleiben, der idn auch nur ein einziges Mal
gesehen. Ich sah ihn zum lehten Male im
„Findelkind" vor vielen vielen Jahren; und
es ist mir, als sähe ich ibn noch heute, eben
jetzt vor mir." Gräffer erzählt auch einen
Zug aus dem Leben dieses Künstlers, der
ebenso beweist, wie beliebt derselbe bei dem
Publicum war. als auck welcbc Macht er über
dasselbe besaß, „Ein neues Stück", schreibt
er. „war schon in der ersten Hälfte durch«
gefallen. Stürmisch äußerte das Publicum
seinen Widerwillen. Das Ttück schien rettungs»
los verloren. Als nun bei dem betreffenden
Act die Courtine f-el, wurde sie plötzlich
wieder aufgebogen. Man war überrascht; was
sollte das bedeuten? Da erschein: Weid'
mann. nimmt einen Sessel stellc ihn mitten
auf die Bühne und setzt sich nieder. Das
Publicum, noch immer unruhig, ist plötzlich
still, neugierig, was diese Erscheinung zu be-
deuten. Da nimmt Weidmann das Wort
und spricht ini gelassensten, unbefangensten
Ton von der Welt, als wäre er zu Hause in
Gesellschaft guter Freunde: „„Ich setze mich
da zu Ihnen; ich muß Etwas mit Ihnen
reden, wissen Sie. zur Güte"". Das Publi-
cum ist betroffen, die Leute sehen einander
fragend an. bleiben aber sonst vollkommen
ruhig. Weidmann auf dem Stuhle rückt
etwas näher vor und fährt fort: „„Der Fall,
will ich Ihnen sagen, ist der: Ein Dichter
schreibt ein Stück; rr hat Talent und gibt
sich alle mögliche Mühe, denn er muß von
solchen Arbeiten leben. Das Stück wird von
der Direction geprüft; sie findet es gut. Es
kommt zur Aufführung und die „Acteurs"
thun ihce Schuldigkeit. Die Zuschauer aber
sind nicht bei Laune und verdammen das
Stück, noch ehe sie es ganz kennen. Nun
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Buch Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Band 53
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Band
- 53
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 332
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon