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Weil Ritter von Weilen, Joseph
(Dichter, geb. zu Tet in in Böhmen
am 28. December 1830)5^ Gewöhnlich
erscheint er unter seinem späteren Adels-
prädicate Wei len, dessen er sich auch
bei seinem schriftstellerischen Auftreten
seit allem Anbeginn stets bediente. Seine
mittellosen Eltern, die in der Nähe von
Prag, in Tetin, lebten, welche Statte
feiner Knabenjahre er zum Schauplatze
im vierten Acte seiner „Drahomira"
erkor, ließen ihm bis zum zehnten Jahre
daheim eine sorgfältige Erziehung ange«
deihen, worauf die Unterstützung eines
wohkhabenden Anverwandten ihm den
Besuch des Gymnasiums in Prag ermög-
lichte. Aber die Fortschritte, welche er
auf demselben machte, waren wenig ent«
sprechend; wohl eilte er in der Poesie
und Geschichte seinen Mitschülern vor-
aus, dagegen blieb er in allen anderen
Lehrgegenständen zurück. Unter solchen
Verhältnissen erreichte er das 47. Lebens»
jähr und war, wie einer seiner Collegen
über ihn schreibt, „ein blasser, träume»
rischer, ungelenker Junge, mit dem nichts
Rechtes in Aussicht stand". Er sollte die
Studien unterbrechen und in eine Hand»
llmg treten. Dagegen sträubte sich aber!
der romantische Sinn des Jünglings, der
weiter studiren, dann aber Dichter oder ^
u. Nurzbach, biogr. Lerifon. I.IV. sGedr. 20. Juni <886.)
Schauspieler werden wollte. Seine poe-
tischen Iugendversuche zeigten unver-
kennbar dichterische Anlage, und seine un«
gewöhnliche Declamationsgabe sprach zu
Gunsten des mimischen Berufes. Dies
ab^r war nicht nach dem Sinne seiner
Familie, und so kam es zum Bruche; im
Winter 1848 verließ W e i l e n das
Elternhaus und kam im Jänner ohne
alle Hilfsmittel nach Wien, wo er durch
Unterrichtertheilen seinen Lebensunter-
halt verdienen, daneben aber weiter stu-
diren und für seine romantischen Lebens-
ziele sich vorbereiten wollte. Da brach
die Märzbewegung des Jahres 1848
über Oesterreich herein, Alles, selbst die
Besonnensten wurden im ersten Freuden-
taumel über die abgeschüttelten Ketten
mitgerissen, und daß der achtzehnjährige
Jüngling, wenn er alle seine Collegen in
Waffenrock und Rüstung sich herum-
tummeln und die kaum gewonnene Frei»
heit angstlich beschirmen sah, nicht müßig
zusehen konnte, begreift sich von selbst.
Weilen that mit, bis die Octobertage
dem tumultuarischen Treiben ein Ende
machten und bei vielen Freiheitsschwar-
mern, welche geglaubt, man könne aus
dem Becher der Freiheit ohne Unterlaß
nur so nach Belieben trinken, das (3r-
wachen mit dem obligaten Katzenjammer
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon