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Meinhold 47 Weinhold
biete der sprachlichen Theorie, als lebens-
frisch und anziehend auf culturhistori»
schem Gebiete schreibt. Seine „Deutscben
Frauen im Mittelalter", wie sein „Alt-
nordisches Leben" sind zwei Capital-
schriften, in welchen dieser deutsche Ge^
lehrte mit gründlicher Forschung an-
ziehende Darstellung zu verbinden ver-
steht. Führt uns erstere in das Fami-
liew und gesellschaftliche Leben der alten
Germanen ein, so greift das zweite Werk
in eine Zeit zurück, welche uns erst durch
die Entdeckung der Pfahlbauten näher
gerückt, und erhellt manches Dunkel, löst
Widersprüche, über welche bei der Ver-
schiedenheit der über diesen Punkt auf-
geworfenen Ansichten nur schwer hinüber-
zukommen ist. Wohl erregte in dieser
Schrift ein Angriff auf die Züchtigkeit
des weiblichen Geschlechtes in Steier»
mark den Unwillen eines Steiermärkers,
der diesem in der Brunner'schen
„Wiener Kirchenzeitung" 1836, Nr. 39
in einer geharnischten Philippica Luft
machte, ohne jedoch den literarischen
Werth der Arbeit Weinh old's zu ver-
ringern. Auch in seiner Abhandlung
über die heidnische Todtenbestattung in
Deutschland verarbeitet er einen reichen
Stoff zum ersten Male, kommt aber nach
reiflicher Ueberlegung dahin, eine im
„Altnordischen Leben" aufgestellte An-
sicht, daß die Finnen die Errichter der
Hunnengräber seien, zurückzunehmen. Es
spricht dieser Umstand ganz zu Gunsten
des gelehrten Forschers, der weit entfernt
ist, an einer einmal ausgesprochenen An«
sicht hartnackig festzuhalten und nur aus
Besorgniß, etwas uon seinem literarischen
Ruhme einzubüßen, wenn er einfach zu»
gesteht, sich geirrt zu haben. I n den
beiden größeren Abhandlungen: „Die
Sagen von Loki" und „Die Riesen im
germanischen Mythus" führen unseren ^ Gelehrten auf das bisher oft geradezu
durch die lächerlichsten Uebertreibungen
verdunkelte Gebiet der nordischen My-
thologie, in welchem er mit sicherer
! Hand Mythe und Allegorie voneinander
! scheidet nnd deu Gegenstand in klarer
! und allgemein verständlicher Weise er-
örterr. Seine „Weihnacht-Spiele und
Lieder aus Süddeutschland und Schle-
sien" riefen durch ihren anregenden Stoff
bereits eine nickt unbeträchtliche Literatur
! hervor. Seine literarhistorischen Arbeite:!
! über Martin Opih, Hermann Christian
! Boie, den Minnesänger von St ad eck,
Graf Hugo von Mont for t zeigen ihn
auch auf diesem Gebiete als gewissen-
haften ruhigen Forscher. Mit seiner Al>
Handlung „Ueber deutsche Rechtschrei-
bung" regte er einen schriftenreichen,
noch heute nicht beendigten Streit über
die Orthographie an, der wohl zum ab-
klärenden Schlüsse führen wird. So ist
er als Germanist, als Cultur- und Lite-
rarhistoriker einer von jenen Gelehrten
Deutschlands, die wesentlich zur Kennt»
niß nnd Klärung der Ansichten über
deutsche Cultur und deutschen Brauch in
vergangener Zeit beigetragen. Außer der
Wiener Akademie wählten ihn aucb andere
gelehrte Gesellschaften zum Ehren- oder
> Ausschußmitglied: er ist Mitglied des
i Gelehrtenausschufses am germanischen
i Museum zu Nürnberg, Ehrenmitglied der
historisch'statistischen Section des mäh-
risch'scklesischen Vereines für Landes-
kunde, Ausschußmitglied des' historischen
Vereines für Steiermark, correspondiren-
des Mitglied des Vereines für sieben»
bürgische Landeskunde in Hermannstadt
u. a. m. Im August 1830 hat sich
Weinhold mit Anna El lger, einer
geborenen Breslauerin, vermalt.
Vornmül ler (Fr.). Biographisches Schrift--
.steller'Lexikon der Gegenwart. Die bekanntesten
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon