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Weinmiller, Karl Friedrich Clemens 5H Weinmiller, Karl Friedrich Clem'ens
Stelle des Opernregifseurs und blieb in
derselben bis zum Spätherbste 1796,
zuqleich mit seiner Gemalin im Gesänge
verdienten Beifall erntend. Noch im
Sommer genannten Jahres machte er
einen Ausflug nach Wien, wo es ihm, da
ihm der Ruf als guter Sänger voraus-
gegangen, bald gelang, für einen Abend
als Gast im k. k. Hofoperntheater auf»
zutreten. Er sang am 6. November 4796
die Partie des Apothekers in Dit-
tersdorff 's Operette: „Der Doctor
und Apotheker", und zwar mit so ent-
schiedenem Erfolge, daß ihm sofort das
Engagement auf den beiden Hoftheatern,
zur Oper und zum Schauspiel, und das
seiner Gattin zum Schauspiel angetragen
wurde. Vr gab seine Stellung in Pesth
und Ofen auf und ging mit seiner Frau
nach Wien, welches nun die bleibende
Stätte seines stets wachsenden Ruhmes
werden sollte. Mit seinem herrlichen Ge-!
fange verband er auch ein treffliches
Spiel und war stets bedacht, in jeder
Rolle das Beste zu leisten. Infolge'
dessen wurde er auch zu den musikalischen
Unterhaltungen, welche am kaiserlichen
Hofe stattfanden, beigezogen und erwarb
sich das besondere Wohlwollen beider
kaiserlichen Majestäten, wie ihm denn
auch der berühmte Sal ier i , derals Hof»
cavellmeister diese musicalischen Abende
leitete, seine volle Zuneigung schenkte.
Schon nach einem Jahre seines Wirkens
wurde er an der k. k. Hofcapelle ange-
stellt und ihm die Auszeichnung zutheil,
zum k. k. Hofkammersänger ernannt zu!
werden. Sowohl zur Zeit, da die Ver-!
waltung der k. k. Hoftheatec einigen
Cavalieren unterstand, als auch später,
da eine aus denselben gebildete Regie die
Leitung führte, befand er sich unter den
Regisseuren, und erst als Oper und Ballet
an Barbaja überging, zog er sich von! ! der Bühne zurück, spielte aber noch einige
! Zeit ausnahmsweise an der deutschen
' Oper mit. Da er für Wohlthätigkeits-
zwecke in vielen Concerten und Vorstel»
^ lungen jahrelang unentgeltlich mitgewirkt
^ hatte, verlieh ihm der Magistrat der
^ Reichshauvtstadt Wien in Anerkennung
! dessen das Ghrenbürgerrecht. Wein»
! m i l l e r erfreute sick ganz besonders
, der Gunst des Wiener Publicums, er
! war aber auch — obwohl von der Natur
körperlich nicht besonders bevorzugt —
mit einem ungewöhnlichen Gesangs-
talente ausgestattet, zu dem sich eine
vollendete Technik, dann Fleiß, ernster
Wille und gründliches Studium gesellten,
mit d^ren Hilfe er unbeschreibliche Erfolge
erhielte. Sein aller Abstufungen fähiges
herrlich geschultes Organ — eine wahr-
haft männliche, kräftige und hellklingende
Baßstimme, — erreichte das Contra-^)
und schwang sich bis zum Tenors im
stlberreinen Metallklange empor, damit
verband er die deutlichste Aussprache,
einen seelenvollen, zum Herzen drin-
genden Vortrag und verstand es, Spiel
und Gesang zu einem vollendeten künst»
lerischen Ganzen zu verschmelzen. Zu
seinen glänzenden Rollen gehörten:
Thoas, Leporello, Sarastro, Fi-
garo, Doctor Al fonso, Richard
Bo l l , der Gärtner im „Waifenhause",
Rocco in „Fidelio", Zamosky in
„Faniska", der H a u p t m a n n im
„ Wasserträger", Kalaf, Osmin, A i u r,
kurz alle ernsten und komischen Partien,
wie sie damals das vorzugsweise von
G y rowetz und W e i g l beherrschte
Opernrepertoire darbot. Aber Wein-
mil ler war nicht bloß ein großer dra-
matischer Sanger, sondern auch ein
nicht minder vollendeter K i r ch e n-
sänger, und im tu^n. ininnn des M o»
zart'fchen Requiem, wie in Haydn's
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon