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Vincenz Meintridt, Luise
ließ', besaß er doch einflußreiche Freunde
und Verbindungen, welche in ihm die
Hoffnung baldigster Wiederanstellung er-
weckten, culf die er jedoch länger warten
sollte, als er gerechnet hatte. Indessen
versammelte der geistvolle Weltpriester
gleichgestimmte Menschen in seinem Hause,
und wir nennen außer den Genannten
noch Franz Schubert, den Bauern»
feld im Jänner l822 zuerst bei Wein-
tr idt kennen lernte; dann Kasimir
Grafen Lanckoronski, Bruder des
nachmaligen Obevstkämmerers Grafen
Karl Lanckoronski, Franz Grafen
Stad ion, Weintr idt 's ehemaligen
Zögling und nachmaligen Minister. End»
lich im Jahre 4824 erfolgte die Ernen»
nung unseres Gelehrten zum Dechanten
von Rotz. Daselbst blieb er nahezu zwei
volle Decennien in Thätigkeit, die in
jeder Beziehung eine ungemein verdienst«
liche war. So legte er vor Allem das
Pfarrgedenkbuch an, in welchem er fol>
gende Rubriken eigenhändig hineinschrieb:
Wie die Stadtpfarre Rotz an das Stift
der regulären Chorherren zu St. Polten
gekommen, sammt den dazu gehörigen
Documenten; von den zur Stadtpfarre
Rotz gehörigen Filialen; von den in der
Stadtpfarre befindlichen Capellen und
Statuen; die Reihenfolge der Nötzer
Stadtpfarrer; von den gestifteten
Messen; von dem Patron der Pfarre;
die Grenzen derselben, Zahl der Fami-
lien und Seelen; von den Einkünften
der Kirche und des Pfarrers, von der
Gottesdienstordnung u. m. a. Wein«
tr idt nahm auch energisch die Interessen
der Pfarre wahr und richtete an die
niederösterreichische Landesregierung eine
Eingabe wegen Wiederherstellung der
alten Rechte und der Einkünfte der
Pfarre im Hinblick auf eine Neudotirung
derselben und Wiederaufrichtung der dazu gehörigen frommen Stiftungen.
Die Verhandlungen über diese Ange-
legenheit zogen sich viele Jahre hindurch,
ohne jedoch das geringste Ergebniß zu
erzielen. Wenn auch der frühere Univer>
sitatsprofeffor bei seinem Verkehr mit
Hochgebildeten in dem Uebergange in die
neue Thätigkeit und in einen Verkehr
mit schlichten Weinbauern immerhin eine
Art Prüfung fand, er schickte sich in seine
neue Lage und wirkte, wie sein Nach»
folger berichtet, mit Eifer, mit dem aber
Mäßigung und große Sanftmuth Hand
in Hand ging. Leutselig und freigebig
wie er war, genoß er allenthalben große
Achtung und Liebe, und ein schöner Zug
seiner Pfarrkinder, wie ein Beweis ihrer
Liebe zum Pfarrer, ist die Thatsache, daß
ihm dieselben, als er zum Dechanten in
Nikolsburg ernannt worden, beim Ab»
schiede von ihm, dessen mißliche Ver-
mögensverhältnisse ihnen nicht unbekannt
waren, eine ansehnliche Geldsumme über»
reichten, damit er schuldenfrei die Pfarre
verlasse. Es war im November 1843,
als er von dem Fürsten Dietrich stein
auf die Provstei an der Haupt» und
Collegiatkirche zum h. Wenzel in Nikols-
bürg berufen wurde, in welcher Stellung
er bis zu seinem Tode blieb. — Eine
Nichte unseres Religionsprofessors und
nachmaligen Nikolsburger Propstes ist
Luise Weintr idt (gest. im Frühling
4872), welche zugleich mit Anna von
Hoff inger dem erblindeten Johann
Emanuel Veith M . I . ,S.8^ hilfreich
zur Hand war und dem berühmten Ho«
mileten trotz seines traurigen Zustandes
es ermöglichte, seine geistige Thätigkeit
fortzusetzen. Luise Weintr id t besaß
eine nicht geringe literarische Bildung
und poetisches Talent. Mit echt weid»
licher Zartheit der Empsindung verband
sie einen männlich besonnenen, für streng
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon