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ß) Eduard Weiß) Eduard
Sonderlingsnatur, was sich sowohl in
seinem Verkehr als in seinen Kunst'
bestrebungen kundgab. Er löste daher
sein Verhältniß mit der Hofoper und
trat zur Joseph städter Bühne über,
welche dama l s unter Fran5 P 0 k 0 rny's
Leitung stand. Es war in den Dreißiger-
Jahren, als Weiß, der sich gerade in
voller Manneskraft befand und eine
wunderbar belle volltönende Stimme be-
saß, der erklärte Liebling des Publi-
cums war. Er schuf sich manche ganz
originelle Charakterrolle und zeichnete
sich besonders in Darstellung R a i-
m u n d'scher Charaktere aus, die er nicht
schablonenhaft nach seinem ersten Muster
copirte, solidem ganz im Geiste des
Dichters, doch aber in seiner eigenen
Weise und immer mil großem Erfolge
durchführte. Nur hatte er die üble Ge-
wohnheit, seine Rollen schlecht zu memo»
riren und wurde dadurch der Schöpfer
eines geflügelten Wortes, welches jähre-
lang in Wien üblich war, dessen Ursprung
aber allmälig in Vergessenheit gerieth.
Weiß spielte nämlich eines Abends in
Bäuerle's Posse: „Wien in einem
anderen Welttheile". I n derselben er»
scheint die Heldin des Stückes in Beglei-
tung zweier Mohren. Weiß hat die
Dame anzusprechen, kann sich aber nicht
mehr auf den Tert seiner Rolle besinnen
und tritt daher an sie mit der Frage
heran: „Warum denn zwei Mohren?"
Das Publicum lachte, die Schauspielerin
gerieth in Verlegenheit, und „Zwei
Mohren, so ein Luxus!" brummend, ver-
ließ Weiß die Bühne. Jahrelang hörte
man dann in Wien, wenn Jemand sich
einen kleinen Lurus erlaubte, das ge»
flügelte Wort: „Warum denn zwei
Mohren?" Aber bei der Beliebtheit,
welcher der Komiker iin Publicum sich
erfreute, sah man über sein schlechtes Memoriren hinweg. Da er ebenso als
! Komiker wie als Charakterdarsteller Vor-
zügliches leistete, wurde er von Po-
korny,, nachdem derselbe 184.1 das
Theater an der Wien angekauft hatte,
auch- auf der neuerworbenen Bühne be-
schäftigt, wo er sich ebenso bald die
Gunst des Publicums zu erringen ver-
stand und sicb dieselbe bewahrte, auä> als
Pokorny den köstlichen Beckmann
als neue Zugkraft gewonnen hatte. Letz-
terer und Weiß waren im Grunde nur
Rivalen in der Gunst des Publicums,
aber nicht im Spiele, denn jeder besaß
! eine ganz eigenartige Darstellungsweise,
l mit welcher sie, ohne sich gegenseitig zu
> schädigen, ganz gut nebeneinander wirken
! konnten, indem jeder die seinige gleich-
! mäßig zur Geltung brachte. Erst als 1847
i Rott als Dritter zu den Beiden sich ge-
^ sellte. sah Weiß in seinem Wirken sich
gefährdet. Dabei war Rott damals
jugendlicher, in seiner Darstellungsweise
frischer nnd wußte seine Rollen immer
vortrefflich. Kein Wunder, daß sich
Weiß mit einem Male zurückgesetzt zu
fühlen begann, daß es, wenn auch nickt
zu stürmischen, doch zuweilen zu unan-
genehmen MHHelligkeiten zwischen den
Mitgliedern kam und Weiß zuletzt seine
Stellung an dieser Bühne aufgab. In»
dessen hatte seine erste Frau Iosepha,
die berühmte Balletmeisterin, das soge-
nannte Kinderbälle: organisirt und mit
demselben in den nordamerikanischen
Staaten eine reiche Ernte gemacht.
Weiß, dem nun kein Engagement im
Wege stand, unternahm wiederholt die
Reise in die neue Welt, um seine Gattin
in New'Iork zu besuchen, obwohl ihre
Ehe nicht eben als eine glückliche bezeich-
net wurde. Nach seiner Rückkehr auf den
Continent und nach Wien nahm er bei
Johann Hof fmann, der mittlerweile
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon