Seite - 102 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weil-Weninger, Band 54
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Eduard l02 Meiß, Eduard
das Iosevhstädter Theater gepachtet
hatte. Engagement. Da er von seiner
Frau, die l832 starb, ein nicht unbe«
trächtlicheö Vermögen und ein Landgut
in Wiens nächster Nähe, den sogenannten
Wälsch'schen Hof, unweit Brunn im
Gebirge ererbte, so nahm er es mit der
Vincassirung der Gage, welche bei der
wenig geordneten Wirthschaft Hoff»
mann's oft genug ausblieb, nicht sehr
genau. Zudem liebte er es, im Besitze
des Landhauses, den Gutsherrn zu
spielen, verwendete zur Erhaltung des
Hofes, der wenig eintrug, unverhältniß-
mäßig große Summen, verwickelte sich in
gewagte Speculationen und entfaltete,
indem er gern Collegen und Freunde
bewirthete, eine große Gastfreundschaft,
bis Alles zusamm'engenominen ihn end»
lich gänzlich zu Grunde richtete. Auf
Zureden Po hl's M . XXII I , S. 34,
Nr. <^. eines speculativen Schauspielers,
hatte er sich bereden lassen, Ho ff mann
bei der Pachtung des Iosephstädter
Theaters mit einem großen Theile seines
Vermögens beizuspringen, welches, als
der Director bei seiner Mißwirthschaft zu
Grunde ging, auch Weiß ganz verlor.
Die rückständigen Gagen wurden ihm
auck nicht ausgezahlt, und ein Gleiches
war bei H o f fma n n's Nachfolgern
F ü r st und K ot tauu der Fall, welche
nacheinander abwirthschafteten. Um sein
Leben ,zu fristen, sah sich N e i ß
schließlich genöthigt, bei Sallmayer,
als dieser das Josephstädter Theater
1867 übernahm, einzutreten. Dieser bot
ihm für jedesmaliges Auftreten ein
Spielhonorar von acht Gulden, welches
wohl ausgereicht haben würde, wenn
Weiß entsprechend beschäftigt worden
wäre. So aber kam er nur in einem
Stücke zur Verwendung, da Sall-
mayer, um die acht Gulden für den Abend zu sparen, alle Rollen, die von
den Dichtern für Weiß bestimmt waren,
Episodenspielern übertrug, und dieser
blieb infolge dessen unbeschäftigt und
bettelarm. Am 4 October 1867 trat er
in Friedrich Kaiser's Posse „Neu-Ieru-
salem" zum letzten Male auf und spielte,
obgleich bereits ein 67jähriger, die Rolle
des alten Rabbi Ephraim mit stau-
nenswerther Kraft und Lebenswahrheit.
Merkwürdigerweise schließt diese Rolle
mit den Worten: „Ich sinde mich nicht
mehr in die Zeit, ich geh', um mir zu be-
stellen einen Platz am „guten Ort"" <be-
kanntlich wird von den Juden der Fried-
hof „der guteOrt" genannt). Nun ver-
kümmerte der arme Künstler immer mehr
und mehr, und alser das „Versorgungs»
haus", in welchem er zuletzt noch erblin-
dete, beziehen mußte, vollendete sich wie
üblich Künstlers Erdenwallen. Der Ein-
zige, der des Verlassenen letzte Lebens-
tage einigermaßen zu mildern suchte, war
der Pofsenoichter O. F. Berg, welcher
dem aller Erwerbsquellen Beraubten
vielseitige Unterstützung angedeihen ließ.
Wenige Wochen vor seinem Hinscheiden
bot Weiß einem Vekannten, der ihm im
Versorgungshause zufällig begegnete,
seine goldene Uhr, ein theures Andenken
aus dem Schiffbruche seines Vermögens,
für ein — Stück Cyankali!!! Im Vei>
sorgungshause schloß der Ausgleicher
Tod des lebensmüden Künstlers Augen,
der einst der Liebling des Wiener Publi-
cums und nach Raimund der treff»
lichste Darsteller der Rollen desselben
war. Weiß hatte noch in seinen späteren
Jahren eine Schwester der einst so be»
liebten Hofschauspielerin Gräfenberg
geheiratet. .Seine Gattin überlebte ihn.
Neues Wiener Tagblatt, 26. November
1869, Nr. 326-. „Eduard Weih", Nekrolog
von I. H. M(irani). — Morgenpost
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon