Seite - 116 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weil-Weninger, Band 54
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Weiß, Johann Bapt. Weiß, Johann Bapt.
halb möchten wir Sie zum Redacteur."
Nun nahm Weiß den Antrag um so
lieber an, als ihm sehr vortheilhafte
Honorarbedingungen geboten wurden.
Die Redactionsgeschäfte aber, verbunden
mit seinem Lehramt, ließen ihm zu schrift-
siellerischem Schaffen keine Zeit. Das
Blatt unter seiner Leitung gedieh. Da
kam im Jahre 1832 der Kirchenstreit,
dem er sich als Publicist doch nicht eni«
ziehen konnte. Weiß, der die Redaction
übernommen, aber sich nicht verpflichtet
hatte, sie im Sinne der Regierung zu
leiten, sondern überhaupt im Blatte nur
die Wahrheit zu sagen, stand unbeirrt
auf der Seite des Erzbischofs, der ihm
im Rechte zu sein schien. Wie bekannt,
wurde der Streit sehr hitzig. Ein Artikel
nun, der zwar sehr würdevoll von dem
verstorbenen Landesfürsten, aber doch
entschieden für das Recht des Erzbischofs
sprach, und welchen Weiß, weil er
darin seine eigeue Ansicht ausgesprochen
fand, anstandslos ins Blatt aufnahm,
stieß dem Fasse den Boden aus. Der
damalig badische Minister Marsch al l
verlangte nun von dem Freiburger
Gemeinderathe, daß der Redacteur sofort
entfernt werde. Der Bürgermeister zeigte
Letzterem das ministerielle Schreiben.
Weiß, der unter keiner Bedingung der
Stadt Ungelegenheiten bereiten wollte,
versicherte, noch am nämlichen Tage
seinen Rücktritt von der Redaction an-
zuzeigen, und da er sich von dem Schrei-
ben des Ministers eine Abschrift erbeten
hatte, veröffentlichte er dasselbe zugleich
mit seiner Austrittserklärung am Kopfe
der Zeitung. Nun aber war es um ihn
geschehen. Der Minister ließ Weiß das
Gehalt an der Universität streichen, was
freilich ganz in seinem Belieben stand,
da derselbe 1a noch nicht Professor war,
und dann ward ein altanhängiger Preß- ^ l Proceß wieder hervorgesucht. Während
nämlich Weiß auf einer kurzen Ferien»
reise abwesend war, nahm man aus der
Feder eines alten vertrautenMitarbeiters,
dessen Berichte nie beanständet wurden,
eine Correspondenz, welche eine scharfe
Beurtheilung der badischen Beamten vor,
während und n a ch der Revolution ent-
hielt, in das Blatt auf. Da er den Ver-
faffer nicht nannte und sich für den Artikel
haftbar erklärte, so traf ihn auch die
Verurtheilung, die auf eine Geldstrafe
und acht Tage Gefängniß lautete. Er
appellirte wohl, doch ohne Erfolg-, Be-
gnadigung ward ihm in Aussicht gestellt,
^ wenn er solche ansuchte. Dies widerstrebte
ihm, und so zahlte er denn jetzt das
Strafgeld und die Kosten des Processes
und saß die Haft ab, die freilich weniger
! einer solchen als einer Reihe von Fest-
! gelagen ähnlich sah. Den mittlerweile an
! ihn gelangten Antrag einer Mitredaction
^ an einem mitteldeutschen Blatte lehnte
! er ab, weil er an dem Redactionsmisöre
^ eines amtlichen Blattes genug hatte und
entschlossen war, zu seinen historischen
Arbeiten und Studien zurückzukehren.
Während seines Aufenthaltes in Frei»
bürg war Weiß mit dem kaiserlich öfter'
reichischen Gesandten v. Phi l ippsberg
bekannt geworden. Dieser hatle an dem
Buche: „Alfred der Große" Gefallen
gefunden. Als Beide wieder zusammen-
trafen, erzählte Weiß dem Gesandten von
seiner augenblicklichen Lage und wie wenig
Hoffnung er habe, in Baden je zu einer
paffenden Stellung zu gelangen. Nun
verwendete sich von Phi l ippsberg für
ihn bei dem österreichischen Unterrichts»
minister Leo Grafen Thun, der zu jener
Zeit mit den Reformen des Unterrichts'
Wesens im Kaiserstaate beschäftigt war.
Unter den Mitteln zur Durchführung
derselben nahm auch die Berufung aus»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon