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Weiß, Joseph 124 Joseph
l848. Engelmann, gr. 8".) 6. gänzlich um-
gearb. Aufl., 2. 6^2,
eiß, Joseph (Erf inder der Wald-
wolle, geb. zu Langendorf bei Olmütz
in Mähren am 23. October 1787, Todes-
jahr unbekannt». I n Rede Stehender,
dessen Vater in Langendorf eine Papier-
mühle besaß und die Papierfabrication
betrieb, begab sich, in den Schulen seines
Heimatlandes vorgebildet, im Jahre
18l0 nach Wien, wo er sich hauptsächlich
mit dem Studium der Naturwissen»
schaften beschäftigte, und dann nach
Hause zurückgekehrt, widmete er sich bei
seinem Vater der Papierfabrication. 1814
erwarb er auch noch die Papiermühle zu
Zuckmantel, einem in Oesteireichisch-
Schlesien am Fuße der Bischofskoppe in
anmuthigster Gegend gelegenen Orte<
Hier setzte er seine in Wien begonnenen
naturwissenschaftlichen Studien fort, und
bei seinen Arbeiten gelang es ihm, den
bis dahin unbeachteten Kiefcrnadeln einen
Werth abzugewinnen, indem er daraus
einen Faserstoff zog, den er Wa ld -
wolle ll^nä. piuu3 8)'lvkätri8) nannte.
Diese Erfindung erschien ihm so zukunft-
reick, daß er, um sie praktisch zu ver-
werthen, keinen Anstand nahm, im Jahre
1840 seine Papierfabrik in eine „Wald-
wollefabrik" zu verwandeln. Nun aber
stellten sich dem Unternehmen mehrere
unvorgesehene Schwierigkeiten entgegen,
die dessen Aufschwung lahmten, dazu ge-
sellte sich noch der Umstand, daß, als die
Ereignisse des Jahres 1848 hereinbrachen,
auch Weiß in den politischen Strudel
mitgerissen wurde, wenngleich nur in der
ganz friedlichen Mission eines Abgeord-
neten, für die durch den Umschwung der
Zeit nöthig gewordenen Reformen zu
wirken. Er wurde für Würbenthal in
Oesterreich! sch-Schlesien in den österrei-
chischen constituirenden Reichsrath ge- wählt, in welchem er, während derselbe
in Wien tagte, auf der Linken zwischen
dem Oberösterreicher Alois Fischer und
dem Bielitzer Pastor Schneider, in
Kremfier aber gleichfalls links zwischen
dem pensionirten Hauptmann aus Wiener-
Neustadt Joseph Hermann Mül ler und
dem galizischen Gutsbesitzer Popiel
seinen Platz hatte. Wir führen diese
Platznahme des Fabrikanten in Rücksicht
auf die alte Regel an: ()ui non. ooFno-
soit'ir ex so, s:on-no8üitur 6x socio.
Ueber die reichsräthliche Thätigkeit des'
selben liegt nichts Erwähnenswerthes
vor, wir finden ihn nicht einmal in irgend
einem der verschiedenen Ausschüsse ver-
treten. Früher jedoch, schon ^846, hatte
Weiß, nachdem er erkannt, daß die Oert-
lichkeit, wo bisher die Waldwolle fabri-
cirt worden, nicht recht passe, mit meh»
reren anderen unternehmenden Männern
eine Gesellschaft gebildet, welche die
bisher in Oesterreich betriebene Industrie
auf preußischen Boden verpflanzte, und
zwar in die an Nadelholz ungemein
reiche, nahe bei Trebnitz gelegene Ge-
gend, für welche man sich von Alex.
v. Humboldt dessen Namen erbat, und
wo man nun 1847 die Waldwollefaörik
und Badeanstalt in Humboldtsau
gründete. Das Unternehmen gedieh unter
entsprechender Leitung, und die Wald»
Wollebereitung nahm einen immer größe»
ren Aufschwung, da man aus den Ab'
fällen der verarbeiteten Stoffe stets neue
Producte erzielte; auch erwarb der Er-
finder von Oesterreich und Preußen Pa-
tente, von Baiern das Privilegium für
diese Bereicherung der Industrie. Zuerst
verwendete man die Waldwolle nur zur
Füllung von Matratzen und Kissen,
welche Polsterung als frei von Ungeziefer
und wegen ihres Aromas und sanitären
Einflusses sich großer Beliebtheit erfreute.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon