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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Band 55
Seite - 85 -
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Werner. Zacharias Werner, Zacharias oen. Und in diesem Sinne meinte er, könne sein Schauspiel ebenso gut eine Predigt heißen. Immerhin dann aber zunächst eine Capucinerpredigt (ist oft besser als eine sal< bungsoolle protestantische Kanzelrede, der nicht selten die Hauptsache, die Ueberzeugung fehlt), da sein idealisirter Katholicismus selbst nur ein Gemisch von christlichem und heidni« schem Glauben und Aberglauben, von posi» tiver Religion und phantastischen Ertra« vaganzen war; neben einer christlich demüthi. gen Ergebung in den als höher und besser erkannten Nathschluß Gottes lag eine brutale Erlahmung menschlicher Willenskraft vor einer selbstgeschaffenen fatalistisch despotischen Weltordnung, nach welcher die Schuld auch an der Unschuld gerächt wird, gleichsam nur um ein Erempel überirdischer Machtvoll» kommenheit zu statuiren. Mit dieser Ansicht, die namentlich im „Vierundzwanziasten Fe« bruar" beleidigend (!) Heroortritt, schuf Wer» ner die Caricatur der Säncksalstragädie, die erst recht zu spuken begann, als Werner selbst bereits verschollen war." — Rudolf Gottschall über Zacharias Werner. „Werner's wechselnd,.' Lebensverhältnisse spie» geln sich in seinen Werken und bilden ziem» lich scharfe Einschnitte in seine Entwicklung, die zuletzt in vollendete seraphische Poesie und Gedankenlosigkeit ausartete(?). Werner hatte ein ursprüngliches dramatisches Talent von realistischer Tüchtigkeit, die Gabe, Cha- raktere durch kleine Züge bedeutend hinzu- stellen, und wußte die scenischen Mittel ebenso phantajievoll zu beherrschen, wie in gran- dioser Weise in Anwendung zu bringen. So war er für die historische Tragödic uortreff« lich organisirt, umsomehr als auch der Schwung des Gedankens und Andacht und Wärme des Gemüths, die Sehnsucht etwas Geistiges zu gestalten, in ihm lebendig waren. Aber gerade dieses Brüten des Gemüthes wurde bei ihm zur dämonischen Macht, die über seine Vorzüge gespenstisch übergriff, mit jeoem Stücke mehr in, den Vordergrund trat und zuletzt in einem Gemisch von Sang und Klang und phantastischem Bilderwust die Kraft der dramatischen Gestaltung erstickte... Weiner hat offenbar von seiner Mutter den Keim einer Geisteskrankheit geerbt, die bei ihm nicht vollständig zum Ausbruch gekom» men ist. aber doch seinem Talente die Spitze abbrach. Er liebte die epische Malerei selbst in den Decmationen. Das Gerüst der Wer» n er'schen Dramen ist in der Regel großartig. jedoch mehr episch breit als dramatisch niet» und nagelfest. Er läßt stets mehrere Ströme der Handlung nebeneinander herlaufen, ohne sie zu einem Hauptstrome zu vereinigen. Es ist schwer, aus vielen seiner Dramen den eigent« lichen Helden herauszufinden. Dagegen gibt es in allen Charakteren, in denen die Schil» l er'sche sittliche Energie sich zu einer Potenz erhebt, die an das Karikirte grenzt, Kraft» menschen, nicht im Sinne der Stürmer uno Dränger, sondern im Sinne einer an die Bar« barei grenzenden Strenge der Pflichterfüllung oder jener titanischen Größe des Strebens. für welche kein gewöhnlicher Maßstab ausreicht. In Werner liegt daher die Wurzel, aus der später die G ra v b e'sche Richtung hervorging. Durch seine Art und Weise zu charakterisiren unterscheidet sich indeß Werner wesentlich von Schil ler, indem er rs liebt, das Nea» listische herauszukehren und die Naturseite des Menschlichen so reich zu dotiren, daß sie dem idealistischen Capitale das Gegengewicht hält. Bei Schil ler sind die Helden durch das Feuer der sie bestimmenden Gedanken zu idealer Menschlichkeit geläutert; ihr erstes Auftreten schon zeigt das volle Gewicht ihres Wesens. Werner dagegen baut seine (Hha« rattere allmälig auf aus einer Menge von Eigenkeiten, und die geistige Einheit und Be» deutung der Persönlichkeit schimmert erst spät durch das festgebaute Gehäuse. DieS gibt indeß den Gestalten lebendige Wahrheit und dramatischen Kern, ja eine an Shake» speare erinnernde humoristische Originalität. Daher kommt auch in die Werner'schen Dramen eine frische dramatische Vewegung. ein anschauliches Leben, eine Fülle von Ne« gebenheiten, die allerdings nicht immer Thaten sind. denen auch die straffe, drama- tische Einheit fehlt, die aber doch durch wirk« same Bilder und Gruppen erfreuen. Die theatralische Drapirung der Nerner'schen Tragödien übertrifft an Glanz und Pomp noch d^e Schilt e r'sche. Man denke nur an die Ausstattung des Templerordens und an die mystische Macht seiner Mysterien, an die geheimnißoollen Sitzungen der „Söhne des Thales", an den Reichstag zu Worms und an die Scenen der Bilderstürmer im „Luther", an die polnische Hochzeit und die Kampf« scenen im „Kreuz an der Ostsee", und man .wird einräumen, daß Werner der deutschen Bühnenregie im scenischen Arrangement der Massenbiloer und großer geschichtlicher und kirchlicher Tableaur. sowie im brillanten Auf»
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Weninger-Wied, Band 55
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Weninger-Wied
Band
55
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1887
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
340
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
Lexika Wurzbach-Lexikon
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