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Werner, Zach alias 92 Werner, Zacharias
wĂĽrde mir genĂĽgt haben, Werner zu
achten, wenn ich ihn auch nicht geliebt hätte.
Und so erging es in dcr That Tausenden,
die blos die Medisancen über ihn gehört, die
nichts von ihm wußten, als daß er Komödien
geschrieben und was das Fraubasengeschrei
und Kasseeweisheit ihrer Cirkel über ihn aus»
trompetete. Er trat in unsere Mitte — nicht
der fahrende Schüler war gekommen — der
Glücksritter — und reisende Literat — der
Länder beschaut und Völker mustert, um
dann bei Hoffmann und Campe eine
Broschüre drucken zu lassen: „Wien und die
Backhühnel" — oder „Wien, wie es ißt und
trinkt" u. s. w. Es war der ernste Mann mit
dem eisernen Willen — es war der Prediger,
der zur Buße mahnt — der alte Mönch
Irnec in Mitte des lebenslustigen Wien.
Die gemeine Rotte evklarte ihn schlechtweg
für einen Betrüger — die Mäßigen für einen
Schwärmer — Wenige begrüßten ihn mit
dem Herzen als einen jener kräftigen Geister,
die. was sie als Necht erkannt, auch mit
der That bestätigen müssen! Ich seh' ihn noch
— mit seinen schwarzen Locken — mit den
tiefgefurchten Zügen und vorragenden Backen»
knochen — mit den dunklen Augenhöhlen,
aus denen zwei blitzende Feuerrader gleich
Pechfackeln aus dunkler Nacht hervorloderten!
— So denkt man sich den Prediger dcr
Wüste — der in da5 Gewühl der Stadt
tritt — und das Volk zur Buße mahnt. —
Und er mahnte das Volk-zur Buße — und
das Volk, das ihn verlacht, gelästert, hörte
ihn und staunte und wuĂźte nicht, was mit
mit ihm geschehen — und die abgelebten
Ungläubigen und die Wüstlinge und Witz«
bolde — die Lacher und Gaffer an den
StraĂźenecken, die wahrlich nicht in die Kirchen
gekommen, sich zu erbauen — sie hörten ihn
und schienen versteinert — und das Volk von
Wien brach in lautes Weinen aus und ver»
ließ den Tempel, den es so lebenslustig be»
sucht, mit zerknirschtem Herzen, mit roth»
geweinten Augen. Ho hab' ich gesehen und
erlebt im Jahre des Heils 18l4." Uebrigens
eine treffliche Charakteristik Werner's und
seines Verhältnisses Zu Hoffdauer entwirft
Sebastian Brunn er in seinem Vuche „Cle»
mens Maria Hoffbauer" S. 187 u. f. —
ä) Zacharias Werner und Goethe.
Goethe brachte nur mit Widerstreben W er<
ner's Stück „Der 24. Februar" zur Auffüh«
rung. Nachdem er sich aber einmal 5azu ent<
schlössen hatte, that er es doch wieder in seiner Art, und zwar erfolgte die erste Auf«
fĂĽhrung am 24. Februar 1810. Drei von den
eilf Wiederholungen, welche das Werk er«
lebte, verlegte er ebenfalls auf einen 24. Fe»
bruar. Als der alte Wieland über Zulas»
sung des StĂĽckes, das eine tief erschĂĽtternde
Wirkung im Publicum hervorgebracht, Vor»
würfe machte, erwiderte ihm Goethe: „Sie
haben wohl recht, aber man trinkt ja nicht
immer Wein, man trinkt auch einmal Brannt«
wein". Uebrigens ist ja die Geburtsstätte
dieser berühmten Schicksalstragödie das Gast«
haus „zum Schwan" in Weimar, wo Wer»
ner gewohnt und innerhalb einer Woche das
Stück gedichtet hat. — Als ein Wiener
Schriftsteller naä, Weimar reiste und die
Absicht aussprach, dort Goethe zu besuchen,
rief ihm Werner, der zugegen war, zu:
„Grüßen Sie mir den alten Goethe, sagen
Sie ihm. daĂź er sehr hoch stehe. daĂź. er bis
an den Himmel gewachsen, er möge auch ein
wenig hineinschauen.". — s) Werner 's
Schlagfertigkeit. Werner versuchte ein»
mal, ob auf eigenen oder fremden Impuls,
ist nicht bekannt, einen eben in Wien an»
wesenden fremden protestantischen FĂĽrsten fĂĽr
die katholische (Konfession zu gewinnen. Er
nahm bei demselben Audienz. Als nach län*
gerer Unterredung endlich Werner gerade«
aus auf sein Ziel lossteuerte, erhielt er uon
dem Fürsten die kurze und abwehrende Ant»
wort: „Halte nichts von Leuten, die ihren
Glauben wechseln." Werner erwiderte —
nichts weniger denn aus der Fassung ge<
bracht — srfort: „Nun. waä halten Euere
H dann aber von Jesus?" Die Antwort
des Fürsten ist uns nicht bekanut. — k) Wer»
ner's Handschrift. Adolf Henze in
seinem Buche.- „Handschriften der deutschen
Dichter und Dichterinen mit 3U5 Facsimiles"
(Leipzig I8öö. Schlike. 12°.) charakterisirt
Werner's Handschrift, wie folgt: „zurück»
gezogene Buchstaben, die gern fĂĽr sich sind
und im Stillen wirken". — x) Werner 's
Schreibfeder. Werner hat ĂĽber eine
goldene ihm zu Geschenk gemachte Schreib»
feder in seinem Testamente äclu. Enzersdorf
bei Wien 24. Juli 1822 verfĂĽgt, und zwar
lautet Absatz 19 dieses Testamentes wörtlich,
wie folgt: „ In die Schatzkammer der heilig«
sten Mutter Gottes zu Maria.Zell. der Mutter
aller und auch der vielen mir unwĂĽrdigen,
im Oesterreichischen zutheil gewordenen geist«
lichen Gnaden, lege ich (wie weiland Iustus
Lipsius zu Loretto that, aber mit innigster,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Band 55
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weninger-Wied
- Band
- 55
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon