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M elsenberg-Amvringen 'Wcffcubcrg-H.mpringen :
erst, nachdem er von ^agränge wegen
einiger Kisten mit angeblichen Kostbar«
keiten des Kurfürsten von Hessen, welche
in seiner Wohnung deponirt gewesen,
empörend beschimpft und mit dreitägigem
Hausarrest unter strengster Bewachung
bedacht worden war. Derart waren die
diplomatischen Artigkeiten, welche sich
die Repräsentanten der europäischen
Höfe von der Soldatesca des siegreichen
Corsen gefallen lassen mußten. Indessen
begann man in Deutschland über das
napoleonische Erdrückungs« und Aus»
saugungssystem doch allmalig zu denken,
und der König von Preußen hatte dem
Wiener Cabinete Aussichten eröffnen
lassen, daß er im Falle eines neuen
Krieges mit Napoleon zu Oesterreich
stehen werde. Graf Stad ion, der frü-
here Gesandte in Berlin, war nunmehr
österreichischer Minister des Aeußern und
trug sich mit dem Gedanken, den Eni-
scheidungskampf abermals aufzunehmen,
und zwar in großartigerem Maßstabe,
als es bisher geschehen. Nun glaubte er
in Wessenberg, den er ja aus der Zeit
seiner Gesandtschaft in Berlin kannte,
den Mann gefunden zu haben, der den
König Friedrich Wi lhelm I I I . zu
definitiven Zusagen und zu einer Ver-
ständigung über den zu eröffnenden
Kriegsplan zu bestimmen vermöchte.
Oesterreich schlug vor, Preußen solle
Norddeutschland von den Franzosen sän»
bern und durch kraftiges Auftreten zwi»
schen Elbe und Rhein Napoleon ver-
hindern, abermals mit der vollen Wucht
seiner Macht in das Herz Oesterreichs sich
einzukeilen. Am 28. Februar t809 kam
Wessenberg in Berlin an; aber der
König konnte sich nicht entschließen, aus
Königsberg in seine Hauptstadt znrückzu-
kehren, wie er es auch nicht für rathsam
fand, daß der österreichische Gesandte zu : ihm nack >!ön^5dera, reise. Diese Zag-
> haftigkeit Fr i e d ri cd Wilhelms wurde
» aber nickt von der preußischen Armee ge<
! theilt, in welcker Männer wie Scharn»
! horst, Tauentzien und Andere damals
! höhere Posten bekleideten. Mit diesen
^ Mannern knüpfte nun Wessenberg ein>
! fiußreicke Verbindungen an. (5r verfaßte
! zwei Denkschriften, in wachen er mit den
z schlagendsten Gründen auseinandersetzte,
! daß Preußens thatige Parteinahme für
i Oesterreich scdon im Interesse der Selbst«
erkaltung beider Staaten eine unaus-
bleibliche Nothwendigkeit sei. Eines dieser
Memoires wuide von Borstell, dem
Lieblingsadjutanten des Königs, das
andere von Scharn horst demselben
vorgelegt. Schill'o Erhebung und der
Sieg des Erzherzogs Kar l bei Aspern,
welcher den bisherigen Wahn von Na»
po leons Unbesiegbarkeit glänzend
widerlegte, Alles schien zusammenzu»
wirken, um Wessenderg's Erfolg zu
sichern. Oberst von Steigentesch eilte
nach Königsberg, und Wessenberg be>
saß bereits di.> Vollmacht, mit Preußen
ein förmliches Bündniß zu verhandln
und abzuschließen. Da kam die Schlackt
von Wagram, und neuer Schrecken und
neue Lethargie traten an die Stelle der
früheren Entschlüsse. Aber der Freiherr
bewahrte seinen Standpunkt: ja nicht in
diesem Augenblick von Napoleon den
Frieden zu erstehen, sondern vielmehr
alle Kraft auf neue Rüstungen zu ver-
wenden. Der Einzelne vermochte nicht
gegen den Strom zu schwimmen. Der
Friede von Schünbrunn wurde (!4. Oc-
tober 1809) abgeschlossen, durch den
Oesterreich ein Gebiet von 2000 Qua-
dratmeilen und seine Verbindung mit
dem adriatischen Meere verlor. Nun gab
es für Wessenberg auch in Berlin
nichts mehr zn thun, erschien doch Oefter-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Band 55
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weninger-Wied
- Band
- 55
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon