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Menprecht 200 Meyprecht
dem Dampfer „Finnmarken" ging die
Fahrt von Christian fand nach Hamburg.
Hon Curhaven fuhr Graf Wilczek
seinem Freunde entgegen. Dann wurde
die Heimkehr auf dem Lande fortgesetzt,
und von Oderberg bis Wien begrüßte,
wer das Kommen der Reisenden erfuhr,
dieselben jubelnd auf den Bahnhöfen.
Auch der Einzug in Wien glich einem
Triumphzuge: es war zum ersten Male
seit dem Krach (1873). daß man in Wien
wieder eine freudige Stunde hatte. Ein
Fest folgte dem andern, Alles wollte die
kühnen und gefeierten Reisenden sehen.
Nachdem der Jubel vorübergerauscht,
ging's wieder an die Arbeit. Weyp recht
hatte sich zwei Aufgaben gestellt, erstens
seine Reise zu beschreiben, und das that
er auch, indem er dieselbe im 33. Bande
der „Denkschriften der kaiserlichen Aka-
demie der Wissenschaften" veröffentlichte'
dann aber selbstlos, wie er war, ver»
langte er nichts für sich, sondern benutzte
seinen Aufenthalt in Wien nur. um
allen Theilnehmern an seiner Fahrt
Stellen zu verschaffen, was ihm glücklich
gelang. Aber nicht blos seine Reise hatte
Weyprecht beschrieben, sondern alle
seine wahrend derselben gemachten Beob»
achtungen über die Eispressungen, die
Metamorphosen des Polareises, über
das Nordlicht, dann seine astronomischen
und geodätischen Bestimmungen theils
in selbständigen Schriften, theils in
Fachblattern veröffentlicht. Dabei gingen
seine Studien auf den Plan einer radi»
calen Reform der bisherigen Methoden
der Nordpolerforschung, dessen Grund»
qedanken er denn auch 1873 auf der in
Grah abgehaltenen 48. Versammlung
der Naturforscher und Aerzte entwickelte.
I n einer sensationellen Nede kritisirte er
die bisherige Methode der PolarforschunH
und der zu ihrer Förderung entsendeten Erpeditionen in scharf einschneidender
Weise. Er warf ihnen vor, „daß die
geographische Detai l forschung
der beschreibenden Geographie der Wissen,
schaft hindernd in den Weg trete", wäh.
rend doch „die topographische Geographi
sich im arktischen Gebiete der physischen
gänzlich unterordnen muffe. Wo der
Schlitten in den Vordergrund trete, da
könne die wissenschaftliche Beobachtung
nur eine secundäre Rolle spielen". Diese
letzteren Worte verwickelten ihn dann
mit seinem Gefährten, Oberlieutenant
Payer, eben mit dem Helden der
Schlittenerpedition, welcher das Franz
Iosephs'Land aufgefunden, in eine un»
erquickliche Fehde. Aber es sollte ihm
nicht vergönnt sein, seine Erfahrungen
und die daraus gewonnenen Resultate
für eine zweite Nordpol fahrt, wie er sie
plante, zu verwerthen, nur noch gelang
es ihm vorher eine Beobachtungsstation
auf Spitzbergen oder Nowaja»Semlja
einzurichten. Er hatte die ersten Jahre
nach seiner Expedition in Trieft zuge»
bracht, übersiedelte aber dann bleibend
nach Wien. Daselbst lebte er bis wenige
Wochen vor seiner Erkrankung, beschäf»
tigt mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten.
Auf einmal machte sich ein Leiden, das,
wie er bemerkte, ihn schon vor Jahren
befallen, wieder geltend. Er ließ sich
von seinem Bruder in die Heimat brin«
gen, wo dasselbe bald einen acuten Ver<
lauf nahm und der berühmte Seefahrer,
erst 43 Jahre alt, in den Armen seiner
Mutter starb. Die Kunde seines Todes
— man wußte gar nicht, daß er krank sei
— siel wie ein Blitzstrahl aus heiterem
Himmel in die Kreise der Wissenschaft.
Weyp recht's wissenschaftliche Studien
befinden sich abgedruckt in Peter»
mann's „Mittheilungen", Jahrgang
1875 und 1876, im „Archiv für See-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Band 55
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weninger-Wied
- Band
- 55
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon