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Mickede 219 Wickede
Mutter eine geborene Freiin von Beul»
witz aus Heidelberg. Wilhelm besuchte
bis zu seinem 16. Jahre das Gymnasium
seiner Vaterstadt, zeigte aber von frühauf
große Vorliebe für das Seeleben, welche
sich vornehmlich darin äußerte, daß er
alle seine Mußestunden in dem sehr be»
lebten Rostocker Hafen zubrachte, viel
mit den alten damaligen mecklenburgi-
schen Seeleuten verkehrte und seine größte
Freude in Bootsfahrten auf der Wamow
oder kleinen Küstenfahrten an der Ostsee
fand. Damals, in den Vierziger-Iahren,
dachte man noch gar nicht an eine
deutsche Kriegsflotte, einen jungen Edel»
mann als Kauffahrteicapitan die Meere
durchschiffen zu lassen, wollte auch den
Eltern nicht recht passen, und überdies
hatte der Vater seinen Sohn für den
Ofsiciersdienst in der preußischen Artil»
lerie ausersehen. Unter solchen Umstän-
den waren die Aussichten des Jünglings
für den Seedienst sehr geringe, und man
suchte im Elternhause diese Vorliebe für
denselben eher zu unterdrücken denn zu
fördern. Doch der Sohn gab mit seinen
Bitten nicht nach, und so brachte ihn denn
der Vater, wenngleich mit Widerstreben,
nach dessen Confirmation im Frühling
1846 als Schiffsjunge auf eine Barke
der damaligen Godefroy'schen Paquet»
schifffahrt von Hamburg nach New-Iork
unter. Dabei hatte der Vater es aus-
drücklich ausgemacht, daß der Sohn ganz
wie ein gewöhnlicher Schiffsjunge behan»
delt werde, weil er noch immer die Hoff»
nung hegte, derselbe werde in kurzer Zeit
diese Laufbahn von selbst aufgeben, so»
bald er die harten und vielen Entbeh»
rungen des Seemannsberufes in ihrer
wahren Gestalt kennen lerne. Und dann
war es ja noch immer Zeit, ihn in die
preußische Artillerie eintreten zu lassen.
So mußte denn Wilhelm als Schiffs- junge mu den gemeinen Matrosen Kost
und Logis theilen. Obwohl von Statur
klein, aber für sein Alter ungewöhnlich
kräftig entwickelt und gewandt und schon
durch seine oben erwähnten seemännischen
Vergnügungen zum guten Theile ab-
gehärtet, ließ er sick durch des Vaters
Anordnung nicht nur nicht abschrecken,
sondern gewann im Gegentheil das zwar
rauhe, aber frische und stets wechselnde
Seemannsleben immer lieber und machte
als Schiffsjunge und später als Leicht»
matrose wiederholt Reisen von Ham»
bürg nack Amerika auf Godefroy'schen
Segelschiffen. So lernte er das See-
mannslebcn von der Pike auf kennen
und wußte genau, was und wie viel der
Matrose zu leisten im Stande sei. Als
dann bei Ausbruch des dänisch deutschen
Krieges im Sommer 1848 die Elbe blo»
quirt und die Hamburger Schifffahrt ge-
hemmt wurde, verließ er sein Kauffahrtei«
schiff und wurde als Seejunker und
Untersteuermann auf einem der kleinen
Kanonenboote angestellt, welche die da»
malige schleswig'holstemische Regierung
zunächst zur Vertheidigung des Kieler
Hafens ausgerüstet hatte. In seiner
Stellung diente er drei Jahre und machte
auch ein nicht eben bedeutendes Gefecht
gegen dänische Kriegsschiffe mit. Nach»
dem die Herzogthümer Schleswig-Hol-
stein durch die Ränke der Diplomatie,
vornehmlich durch russische Einmischung
wieder unter die dänische Gewaltherr'
schaft gestellt worden, wollte Wickede
neuerdings zur Kauffahrteiftotte zurück-
kehren und hatte bereits eine stelle als
Untersteuermann auf einem Ostindien-
fahrer angenommen. I n dieser Zeit aber,
4831, wünschte die österreichische Regie-
rung, welche die italienische Bemannung
ihrer Flotte in den Kriegsjahren 1848
und 1849 als sehr unzuverlässig fand,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Band 55
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weninger-Wied
- Band
- 55
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon