Seite - 224 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Band 55
Bild der Seite - 224 -
Text der Seite - 224 -
Wickenburg. Albrecht 224 Wickenburg, Albrecht
Hofburgtheater (mit Frau Wolter in
der Titelrolle) siebenmal zur Auffüh-
rung. Augier's dreiactiges Lustspiel (in
Versen) „Philiberte" und dessen Erst»
lingsstück ^a . OiFÜ<^ (deutsch betitelt
„Der Giftbecher") hatte Wickenburg
gleichfalls übersetzt, aber nicht veröffent-
licht, und letztgenanntes hat Direktor
Wilbrandt für das Burgtheater an-
genommen. Nun aber fühlte sich der Graf
zu einer ganz eigenthümlichen Arbeit hin-
gezogen und wagte den Versuch einer
Uebersetzung und Bühnen bearbei-
tn ng des altfranzösischen Schwankes
„Maistre Pathelin", dieses eigentlichen
Mutterstückes der französischen Komödie,
das schon vor 400 Jahren in Frankreich
populär gewesen, an welchem ein Mo-
li ^re gelernt und welches heute noch
eine Zierde des Repertoires der Oom^äie
fran^NiLO bildet! Im Frühjahre 1883
trug sich der Schriftsteller Hans Pöhnl
mit dem Plane, ein „historisches Theater"
in Wien zu errichten, und wollte seine
Bühne mit dem „Meister Pcithelin" er»
öffnen. Er bat den Grafen, das Stück
zu verdeutschen (natürlich im Versmaß
des Originals) und für seine Zwecke zu
bearbeiten. Das P o h n l'sche Unter»
nehmen kam nicht zu Stande, indessen
lag die Bearbeitung ,fertig vor und
wurde auch dem Director Wi lbrandt
bekannt. Dieser machte die Hofschau-
spielei darauf aufmerksam, als auf ein
passendes Stück für eine der alljährlich
zum Besten ihres Pensionsvereines
„Schröder" stattfindenden Vorstellungen.
Das Project wurde im Künstlerkreise des
Hofburgtheaters mit Enthusiasmus auf-
genommen, und bei der am 31. October
1883 stattgefundönen Vorstellung im
Wiener Stadttheater trachteten Le-
winsky, Frau Hartmann, Meir-
ner, Schöne und Thimig mit dem ganzen Aufwande ihres Talentes das
Stück zur Geltung zu bringen. Doch
war der Liebe Müh' umsonst! Das Publi<
cum, welches Hugo Wit tmann in
einem großen Feuilletonartikel der „Neuen
Freien Presse" auf diese Vorstellung vor-
zubereiten gesucht hatte, stand dem alten
Meister Pathelin ziemlich verblüfft und
befremdet gegenüber und wußte nichts
Rechtes mit ihm anzufangen. Da aber
der Erfolg dieser Vorstellung immerhin
noch für einen „unentschiedenen" gelten
konnte und die Kritik der Tagesblatter
im Allgemeinen günstig lautete, wagte
Wilbrandt ein zweites Experiment mit
dem Stücke und ließ dasselbe im Hof»
burgtheater aufführen. Hier aber fiel es
gänzlich ab. Wir brachten bisher des
i Grafen literarisches Weben und Streben,
wie es sich zu entwickeln begann und
immer bewußter höhere Ziele sich stellte,
in der Folge, wie es sich aus den Acten
der Oeffentlichkeit darbot, zur An»
schauung. Wir haben dem Gesagten
zur Vervollständigung unseres Bildes
noch Einiges beizufügen. Am öffentlichen
Leben beiheiligte sich Wicken bürg nur
als Mitglied mehrerer wohlthätiger und
gemeinnütziger Vereine. Er ist seit 1864
Mitglied des Wiener Journalisten- und
Sctmftstellervereines „Concordia" und
war auch eine Zeitlang Ausschußmitglied
und Mitglied des Baucomit«s für das
Concordiahaus. Im Kriegsjahre 1866
trat er in den Ausschuß des öfterreichi»
schen patriotischen HilfsVereines und er«
hielt für seine Theilnahme an der Pflege
der Verwundeten das Ritterkreuz des
Franz Joseph-Ordens; er blieb durch
volle zwanzig Jahre Ausschußmitglied
dieses Vereines. Im Frühjahr 1883 trat
er aus infolge seiner Uebersiedlung nach
Südtirol. Aus demselben Grunde schied
er auch aus dem Vorstande des Wiener
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Band 55
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weninger-Wied
- Band
- 55
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1887
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon