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Miesinger, Albert Wiesinger, Albert
die Gesammtpresse — nicht allein in
Schutz nehmen, sondern sogar verthei-
digen muß. Freilich blieb auch Wiesin»
ger die Antwort nicht schuldig. Er gab
sie den Vertretern der sogenannten sechsten
Großmacht in einer Brochure, welche als
erstes Heft des zweiten Bandes der in
Wien bei Sar to r i erschienenen „Ka>
tholischen Stimmen aus Oesterreich" mit
dem besonderen Titel: „Die Lohnbedien»
ten der öffentlichen Meinung. Gin Bei»
trag zur Geschichte der kirchenfeindlichen
Journalistik" (Wien 1868) herauskam
und innerhalb Jahresfrist nicht weniger
denn vier Auflagen erlebte. Alle diese
Vorgänge, welche einen nicht uninteres»
santen Beitrag zur Geschichte der Wiener
nach märzlichen Presse bilden, spielten sich
ab, während Wiesin ger die Redaction
der „Wiener Kirchen-Zeitung" führte.
Am 19. April 1873 feierte diese das
25. Jahr ihres Bestandes, und im fol-
genden, am 26. December, legte er die
Redaction, die er 13 Jahre geführt hatte,
nieder. Doch leitete er, wahrend er die
„Wiener Kirchen-Zeitung" redigirte, noch
andere Blätter, so den „Volksfreund",
dann den 4867 von ihm angeregten und
in Gemeinschaft mit dem Buchhändler
Mayer sen. herausgegebenen „Kapi>
stran" — betitelt nach dem berühm»
ten Volksprediger Johannes Kapistran
— dessen erste Nummer am 3. Jänner
4367 erschien und dessen Redacteur er
noch im Jahre l884 war. Zugleich mit
diesem Blatte besorgte er die Redaction
der von dem Buchhändler Sar tor i in
Wien begründeten „Weckstimmen", welche
er aber nur etwas über ein Jahr behielt.
4872 übernahm er auch noch das ebew
falls für das Volk bestimmte „Volksblatt
für Stadt und Land", mit welchem zu>
gleich er einen Roman „DaS Crucifix deS
Juden" veröffentlichte. Die Redaction dieses Blattes legte er nieder, als ihm
Cardinal Rauscher 1872 die bis dahin
von Joseph Pia geführte Leitung des
„Volksfreund" übertrug. An demselben
war Wiesinger bereits <862 Mitglied
der Redaction gewesen, da er jedoch mit
dem damaligen Redacteur nicht gemein»
schaftlich zu arbeiten vermochte, trat er
schon nach kurzer Zeit aus, bis er nun,
zehn Jahre später, als Chefredacteur an
die Spitze des Blattes kam. Aber noch
zur Zeit, da er als Chefredacteur des
„Volksfreund" thatig war, übernahm er
die Leitung der „Gemeinde-Zeitung" in
der Doppeleigenschaft als Redacteur und
Eigenthümer. Beim „Volksfreund" blieb
er dann noch so lange, bis wunderbarer
Weise der bisherige Redacteur der „Bösen
Zungen", Adolf S t a m m ^Band
XXXVII , S. 413, in den Quellens in
die Redaction des Blattes hineinge-
schmuggelt wurde. Das war gewiß ein
Unicum. Der Redacteur des berüchtigt»
sten Revolverblattes Wiens Mitredac-
teur des conservativften und für ultra»
montan angesehenen „Volksfreund"!
„Das ging nichts schreibt Wiesinger,
und darum ging ich." Seitdem redigirt
er die „Gemeinde-Zeitung", ein starkver«
breitetes Volksblatt, in dessen Redaction
er im December 4884 das 23jährige
Iournalistenjubiläum feierte, bei welchem
es nicht an sympathischen Kundgebungen
für den von der Wiener Presse mit
Schrecken erregender Einmüthigkeit ver»
folgten Redacteur fehlte. Wie bemerkt,
war er in seiner priesterlichen Eigenschaft
viele Jahre im Predigtamte thätig, und
diese Vorträge, welche nicht selten eine
Abwehr der gegen ihn in der Wiener
Zeitungspresse vorgebrachten Angriffe
enthalten, sind nicht bloß vom homileti-
schen, sondern auch vom culrurgeschicht»
lichen Standpunkte bemerkenswerth. Sie
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon