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MieZner, I»lii,s 89 Miesner, Julius
Theil dieser Sammlung schenkte er später
dem Wiener Polytechnicum. I n den
Jahren 1855 und 4856 wendete er sich
der Morphologie zu und stellte auch so
umfassende phänologische Beobachtungen
an, daß die Wiener Centralanstalt für
Meteorologie und Erdmagnetismus ihn,
den 17jährigen Jüngling, ihren thätig-
sten Beobachter nannte. Jene reichhalti-
gen Beobachtungen aber finden sich vev
zeichnet in den „Sitzungsberichten der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaf-
ten mathematisch - naturwissenschaftlicher
Claffe". Zu jener Zeit hatte er auch die
Oberrealschule beendet und trat in das
technische Institut von Brünn ein. Bald
machteer sich mit Schleiden's „Grund-
zügen der wissenschaftlichen Botanik"
vertraut, welche ihn auf das Gebiet der
Anatomie und Physiologie leiteten. Ein
sehr primitives Compositurn mit Holz-
stativ diente seinen ersten mikroskopischen
Studien; damals entstanden auch einige
kleinere morphologische Arbeiten, welche
in der „ Oesterreich ischen botanischen Zeit-
schrift" erschienen. Gleichzeitig wurde er
mit dem Kryptogamenkenner, namentlich
Algeologen Nave bekannt, und es ent-
spann
sich
zwischen ihnen, trotz eines erheb»
lichen Altersunterschiedes, ein ebenso
intimes als anregendes Verhältniß. Beide
wiederholten nun zahlreiche Beobachtun»
gen, welche in den Werken und Arbeiten
von Schleiden, Schacht und An«
deren vorkommen. Doch bald wurde sich
Wiesner bewußt, daß Brünn zu seiner
weiteren Ausbildung wenig mehr bei-
tragen könne, sondern daß eine solche
ihm nur die Hörsäle und Laboratorien
der Universität und des Polytechnikums
zu Wien zu bieten im Stande wären.
Allein seine früher so wohlhabenden
Eltern geriethen inzwischen in ungünstige
Verhältnisse und konnten ihm die Mittel zu Studien daselbst nicht sichern; er
faßte daher den Entschluß, sich selbst
solche zu schaffen, und es gelang ihm.
Zwanzig Jahre alt, zog er nach Wien,
wo ihm sein Bruder August die ersten
Wege ebnete und ihm die Stelle eines
Erziehers in einem wohlhabenden Hause
verschaffte. So war er von diesem
Augenblicke auf sich selbst angewiesen,
doch ohne jemals die Sorge um das
Nothwendige empfinden zu müssen. Er
entfaltete gleich anfangs eine große TH5«
tigkeit. Obwohl er viele Stunden des
Tages seinen drei Zöglingen zuzuwenden
hatte, gewann er doch immer die nöthige
Zeit, um Collegien an der Universität
und am Polytechnicum zu hören. Trotz
dieser Beschäftigung und seinen privaten
Studien entstanden damals seine ersten
größeren wissenschaftlichen Publicationen,
die den „Sitzungsberichten der kaiser-
lichen Akademie der Wissenschaften" ein-
verleibt wurden. Im Laufe der Zeit
ward er mit seinen Lehrern näher be-
kannt, mit Fenzl, der ihm die Schatze
des botanischen Hofcabinets erschloß, mit
Leydolt , Zippe, Nnger, Greilich
und Anderen. Auch arbeitete er durch
drei Jahre in Schrott er's chemischem
Laboratorium und drei Semester im
physicalischen Institute der- Universität
unter Gttingshausen und betrieb
endlich durch zwei Semester unter Brücke
Thierphyfiologie und Mikroskopie. I m
physicalischen Institute errang er sich
überdies die Stelle eines ordentlichen
Eleven, mit welcher ein Stipendium der-
bunden ist. Mit einem auf diese Weise
gesammelten umfassenden Fond von
Wissen wandte er sich selbständigen mikro.
skopischen und physiologischen Arbeiten
zu. Seine praktischen physiologischen
Arbeiten aber unternahm er, da ein
öffentliches Institut für derartige Bestre-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon