Seite - 167 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wiedemann-Windisch, Band 56
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Wilhelm, Andreas 167 Wilhelm, Andreas
Mittelschulen in Mahren und Schlesien
berufen wurde. Auch da fand er die Zu-
stände des Schulwesens in mitunter be>
dauerlichster Verkommenheit. Das Gym-
nastum in Brunn, wo Wilhelm nun >
seinen Wohnsitz aufschlug, befand sich in
einem stallähnlichen, geradezu vom Zu«
sammensturze bedrohten Gebäude. Der
frühere Unterrichtsreferent Mährens,
Domherr Hochsmann, hatte in unver»
antwortlicher Weise seines Amtes ge>
waltet und als Priester unwürdig, als
Schulmann strafwürdig gehandelt. Hier
nun, wo es am dringendsten war, Ab»
Hilfe zu schaffen und auf einen neuen
Bau zu dringen, trat Wilhelm mit aller
Energie ein. Es wurde auch, indem die
Schule mittlerweile in einem gemietheten
Privathause Unterkunft fand, der neue
Bau 4868 in Angriff genommen, und
heute steht er palastähnlich — eine wür-
dige Stätte des Unterrichts — da. Dieses
neue Gymnasium Brünns ist die bleibend
sichtbare That unseres sonst auch hoch-
verdienten Schulmannes, die ihm aber
freilich nur durch die Energie des um
diese Zeit zum Statthalter Mährens er»
nannten Grafen Forgacs ermöglicht
ward. Im Uebrigen aber war es ihm
unter diesem umsichtigen Staatsmanne,
wie später unter deffen beiden Nach»
folgern, dem Grafen ChorinskF- und
Freiherrn von Poche, vergönnt, in er-
sprießlichfter Weise in seinem Berufe zu
wirken, wenngleich sich ihm oft Hinder»
nifse, die fast nicht zu bewältigen schienen,
entgegenstellten. Namentlich erschwerten
die Kämpfe um die von einigen natio»
nalen Heißspornen auf die Tagesordnung
gestellte und von Laien im Bureaudienfte,
die von slavischer Abkunft waren, in
unbotmäßiger Weise zu einer Capitalfrage
aufgebauschte Unterrichtssprache ein ge-
deihliches Durchführen der sonst richtigen und wichtigen Reformen. Die nationalen
Heißsporne leisteten den äußersten Wider<
stand und machten eine die Interessen
des Unterrichtswesens unverkümmert för>
dernde Wirksamkeit ungemein schwierig.
Wilhelm war unter solchen Verhält»
nissen dem Greijenalter immer näher ge»
rückt und zur Erkenntniß gelangt, mit
des Staatsverrathes tückischen Mächten
sei kein gedeihlicher Bund zu flechten,
und hatte schon 4867 das Gesuch um
seine Pensionirung eingereicht. Aber
Bitten, welche von der Lehrerschaft des
ganzen Landes an ihn einliefen, als die
Kunde sich verbreitete, er wolle sich
zurückziehen, wie auch Vorstellungen
höhererseits bestimmten ihn, für eine Weile
nachzugeben, bis sich die Verhältnisse so
gestalteten, daß er es mit seiner amtlichen
Ehre unverträglich fand, länger im
Dienste zu bleiben, worauf er dann im
Mai 4870 um seine Pensionirung an-
suchte. Nach 47 wechselvollen kämpf-
erfüllten Dienstjahren trat er, mit dem
Orden der eisernen Krone dritter Classe
für seine Verdienste ausgezeichnet, in den
Ruhestand und zog sich nach Grcch in
Steiermark zurück. Die Stadt Troppau
ehrte sich selbst, als sie auf den- Antrag
des Stadtverordneten Hermann Kud>
lich, Bruders des 4848er Reichstags-
abgeordneten Hans Kudlich, in der
Sitzung vom 5. August 4870 beschloß:
„Es sei dem k. k. Landesschulinspector
Andreas Wilhelm in Anbetracht
seiner langjährigen um die Studirenden
von ganz Schlesien erworbenen anecken«
nenswerthen Verdienste das Ehren-
bürgerrecht der Landeshauptstadt zu
verleihen." Seine Verdienste um Oester-
reichs Schulwesen sind zunächst auf
administrativem und praktischem Felde
als Schulmann zu suchen, wo sein Wir-
ken durch unerschütterlichen Patriotismus,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon