Seite - 188 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wiedemann-Windisch, Band 56
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Willforth 188 Williams
Handschriften fahndete und manchen
kostbaren Fund machte, dabei aber sich
selbst praktisch zum vollendeten Bücher
kenner und gediegenen Antiquar aus-
bildete. Um die Mitte der Fünfziger»
Jahre kehrte er nach Oesterreich zurück
und trat in das Wallishausser'sche
(nachmals K lem m'sche) Antiquariat
ein. in welchem er, wie der Cultur
Historiker Wiens, Friedrich Schlögl, in
seiner markanten Weife schreibt, „ein
Vierteljahrhundert lang, in den letzten
Jahren mit halbblinden Augen, zwischen
Incunabeln, kaum entzifferbaren Manu
scripten, Holz» und Schweinslederbanden,
Teig» und Zeugdrucken u. s. w. kauerte,
Miniaturen prüfte, Initialen verglich
und von dem schönen Erdendasein nicht
viel mehr genoß al§ den Anblick, wenn
ein milder Sonnenstrahl durch die Fenster-
fcheiben drang und auf ein vergilbtes
Pergament siel", dafür aber mit ge-
Wiegten Bücherkennern aus aller Herren
Ländern verkehrte. Unter Bücherkennern
galt Wil l forth als Autorität, und seine
Starke waren ^ustrig.os. und darunter
vornehmlich Vienns^Lia und HunAZ.-
rio».. Bemerkenswerte) ist, daß er manches
Buch, dessen Werth er erkannte, und das
er, wenn auch nicht an Ort und Stelle
loszuschlagen, doch an den rechten Mann
zu bringen hoffte, mit hohen Preisen be»
zahlte, und wenn ihn dann ein Bücher»
kenner oder Sammler fragte, ob er denn
glaube, dafür einen Käufer zu finden,
so entgegnete er: ,Natürlich nicht auf
hiesigem Platze, denn Wien kauft —
keine Bücher, das geht Alles — nach
auswärts." Und dies ist für Wien —
welches sich dadurch von Schiller den
Schimpf der „Phäakenftadt" zuzog —
nicht eben ruhmvoll, denn manchem
Wiener gestatten es wahrhaft die Mittel,
von Zeit zu Zeit ein Buch zu kaufen. In der That nimmt sich dies immerhin
anständiger aus, als die abgegriffenen
fettglänzenden Bücher aus der Leih»
bibliothek, die man in den besten und
reichsten Familien der Residenz auf den
Sophas, Stühlen und Nippestischen der
Damen liegen sieht; auch könnte der
städtische und vorstädtische Hausherr,
wie Schlögl zutreffend bemerkt, seinem
Sohne ungescheut den Fingerzeig geben,
statt eines Buldoggs um 80 bis 400 fi.
sich um den zwanzigsten Theil dieses
Betrages etwa einen guten Classiker oder
sonst ein schöngeistiges Buch anzuschaffen.
Mit Wi l l fo rth's Tode verringerte sich
die ohnehin dünngesäete Species echtei
Antiquare und Bücherkenner Wiens,
denn ihm vorangegangen sind Gr äffer,
Binz, Bader, Schratt, Sammer,
Schaumburg, Kuppitsch; Kugler
folgte ihm, und von der alten Quin»
tupel-Allianz, wie Schlögl die altclassi>
schen Bücherkenner Wiens: Kuppitsch,
Schratt, Wi l l for th, Kugler und
Haidvogel, in einem Worte zusammen»
faßt, sind die vier Ersten auch schon ge«
storben und der Letzte, alt und müde be«
reits, ist wie verschollen oder mittlerweile
wohl auch schon den Anderen gefolgt. —
Ob Dr. Karl Wi l l for t , von dem der
^Amtliche Vrricht nber die 26. Versammlung der
kanb- und Farstmirthe zn Mien unm 51. Zlugv5t
bi3 5. September 1868" (Wien 4869, Ge-
röld, gr. 8"., VIII und 376 S.) heraus-
gegeben wurde, ein Verwandter unseres
Antiquars ist, wissen wir nicht.
Tagblatt (Wiener Lokalblatt) 1379. 10. Juni
<8?9, im Feuilleton: „Von alten Schmökern".
Williams, James Ernst Freiherr
(k. k. Oberst und Ritter des Maria
Theresien' Ordens, geb. in England
4764, gest. in Wien 27. August 4804).
Engländer von Geburt, war er beim
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon