Seite - 218 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wiedemann-Windisch, Band 56
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Wimmer, Ioscpli 218 Wimmer, Joseph
er große Vorliebe für Bücher, Theater
und Musik, und ein „Kaffeetuch" als
Mantel um sich drapirend, liebte er es,
vor dem Spiegel improvisirte Helden»
rollen zu tragiren. Doch trug die Bücher»
liebhaberei den Sieg davon, und so trat
er 1831 als Lehrling in die Buchhandlung
Kaulfuß' Witwe, Pranoel u. Comp.
ein, welche in der damals bedeutendsten
Straße Wiens, auf dem Kohlmarkt, ihr
Geschäft hatte. Anfangs 1833 unterbrach
er wegen des Todes seines Vaters die Lehr-
zeit, vollendete aber dieselbe 1833 bei
Kuppitsch, wo er als Gehilfe bis Ende
Juni 1836 verblieb. Das Antiquariat,
welches bei dem alten Kuppitsch in
voller Blüthe stand, regte den jungen
Bücherwurm besonders an, wobei der
Verkehr mit den das Geschäft hausig be-
suchenden Gelehrten und Forschern, wie
Camesina, Haydinger, Feil , Ka»
rajan und Anderen, nicht wenig dazu
beitrug, ihn dasselbe kennen lernen und
lieb gewinnen zu lassen. Aber wahrend
er noch in der Buchhandlung Kaulfuß
arbeitete, war bereits die Schreiblust in
dem damals siebzehnjährigen Jünglinge
erwacht, und 1832 debutirte er in der
Bäuerle'schen „Theaterzeitung" mit
einem Artikel „Wiener Denkwürdig»
ketten", der in Nr. 163 abgedruckt
wurde. Wie der alte Bäuerle ange«
hende Schriftstellertalente, besonders
wenn sie ohne Honorar arbeiteten, an
sich zu ziehen und zu fesseln verstand, ist
eine bekannte Thatsache, und so war denn
auch Wimmer bald für das Blatt ge»
wonnen, in das er nun Artikel in der
Schreibweise des alten Gr äffer Md. V,
S. 296) sandte, der damals sein Ideal
war. Allmalig hatte er in der Iourna-
liftik so festen Fuß gefaßt, daß er 1836
den Buchhandel aufgab und bei der Re»
daction der damals freilich schon in völli- gem Verfall begriffenen „Theaterzeitung"
! eintrat. Neben diesen journalistischen Ar-
beiten versuchte er sich aber zu gleicher
Zeit mit dramatischen, und am 29. Ok-
tober 1837 kam seine vieractige Posse
„Oin lockerer Vllgel vllm Arabischen Grund"
im Thalia»Theater zur Aufführung,
wurde aber durch Freundeshände dem
verdienten Schicksal des Durchfalls
entrissen. Anfangs 1838 trat er aus der
Redaction der „Theaterzeitung" und
kaufte gemeinschaftlich mit Ottokar Franz
Ebersberg (bekannt unter dem Pseu»
donym O. F. Berg, Bd. XI, S. 396)
die satyrische Wochenschrift „Der Teufel
in Wien", welche der Komiker Varry
^Pseudonym für Anton Log er, Bd. XV,
S. 438) gegründet hatte. Diese gaben nun
Beide von März 1838 ab unter dem
Titel „Tritsch-Tratsch" als humoristisch,
satyrische (illustr.) Wochenschrift heraus.
Namenlose Kämpfe mit der in der dama»
ligen Reactionsepoche im Zenith stehen»
den Censur — es war eben vor dem
Umschwünge des Jahres 1839 ^- Um-
triebe unlauterster Art von Seite
Varry's, der damaligen Bestimmungen
zufolge als Eigenthümer und verant-
wortlicher Redacteur auf dem Blatte
sigurirte, dann der Krieg, die Stempel»
steuer, die neue Währung und endlich die
dritte Verwarnung machten dem Blatte
nach etwas mehr als einjährigem Be»
stände ein Ende. Sein Name lebt noch
in einer von Johann Strauß eompo»
nirten und den Redacteuren gewidmeten
„Tritsch.Tratsch.Polka" 0p. 214 fort.
Nachdem auf diese Weise Wimmer die
journalistische Thätigkeit ziemlich ver»
leidet worden, widmete er sich der dra<
matischen, und zwar zunächst im Vereine
mit Theodor Flamm. Die erste Frucht
dieser Compagniearbeit war das Lebens»
bild „Ner Centel im Herzen", welches am
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon