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Minckelmann 263 Minckelmann
reich geknüpft ist, so wollen wir doch, da
sein Grab und Denkmal in Trieft sich
be-
finden, in Kürze seiner gedenken. Der
Sohn eines Schuhmachers in der alten
Stadt Stendal in der Altmark, besuchte
er zunächst die Schule seines Geburtsortes,
dann das kölnische Gymnasium in Berlin.
4738 begab er sich nach Halle, wo er
Theologie und classische Literatur, 174!
nach Jena, wo er Mathematik und
Arzeneiwiffenschaft studirte. Da sich ihm
gar keine Aussichten für eine staatliche
Bedienstung darboten, nahm er 1742
einen Hauslehrerposten zu Heimersleben
bei Halberstadt an, welchen er schon 1743
mit einer Conrectorftelle zu Seehausen
in der Altmark vertauschte. 4748 aber
trat er als Bibliothekar in die Dienste
des sächsischen Ministers Grafen von
Bünau zu Nöthewitz bei Dresden. Pro»
phetisch fast erscheinen die Worte, welche
der Graf über Winckelmann
äußerte, als dieser voll Enthusiasmus
über Antiken sprach. „Winckelmann",
rief er aus, „ist ein Narr, und es
wird ein Ende voll Schrecken mit ihm
nehmen." Und leider nahm es ein solches.
Während seiner Anstellung bei dem Mi-
nister Bünau übten die vielen werth»
vollen Kunstschätze Dresdens und der
Verkehr mit Künstlern und Kunstkennern,
wie Oeser, Hagedorn, Lippert und
Anderen, einen tiefwirkenden anregenden
Einfluß auf ihn und entwickelten seine
Liebe zur Kunst durch Anschauung und
Vergleichung zu einem hohen Verständniß
derselben. Er richtete seine Aufmerksam-
keit zunächst auf die Geschichte und das
Wesen der bildenden Kunst und brannte
daher vor Begierde, Italien, als die
Heimat der Kunst, zu besuchen und die
alten Denkmaler derselben an Ort und
Stelle zu studiren. Nachdem er mit dem
päpstlichen Nuntius Archinto, der ihm in Rom einen Bibliothekarposten in Aus-
sicht stellte, bekannt geworden, trat er
1734 zur katholischen Kirche über. Dieser
Zusage ging es jedoch wie vielen an«
deren dieser Art im Leben; sie war ge«
fprochen worden, aber in Vergessenheit
gerathen, und Winckelmann blieb
noch ein volles Jahr in Dresden. N5äh>
rend dieser Zeit ununterbrochen mit
seinen Kunftstudien beschäftigt, legte er
die Ergebnisse derselben in dem Werke
nieder: „Gedanken über die Nachahmungen der
griechischen Werke in der Malerei und Villl-
hlluerknnst, nebst einem Sendschreiben und den
Erläuterungen dieser Gedanken", 3 Theile mit
3 KK. (Dresden 1733, 2. verm. Aufl.
1736, 40.). Erst im Herbste 1733 gelang
es ihm, sein längst gehegtes Vorhaben,
die Römerreise, auszuführen, und zwar
mittels eines kurfürstlichen ReisestipeN'
diums, und so klein dasselbe war, es
brachte ihn an das Ziel seiner Sehnsucht,
in die ewige Stadt. Daselbst nahmen
sich die Cardinäle Passionei, Albani
und Archinto, selbst Kenner und wanne
Förderer der Alterthumswiffenschaft, und
der geniale Maler Raphael MengS seiner
freundlich an. Winckelmann aberwid-
mete seine Zeit auf das gewissenhafteste
dem Studium alter und neuer Kunst»
werke. Im Frühling 1738 besuchte er
Neapel, Portici, Herculanum und Pom»
peji und ging dann im Herbste nach Ul>-
renz, um im Auftrage des Barons
Stosch dessen berühmte Gemmensamm-
lung zu ordnen und zu beschreiben. Nach»
dem er mit dieser Arbeit fertig geworden
und dieselbe im Druck erschienen war,
wurde er zu Anfang des Jahres 1760
Bibliothekar und Aufseher der Alter-
thümersammlung des Cardinals Al-
bani. 1762 besuchte er als Begleiter
deS Grafen Brühl zum zweiten Male
Neapel und dessen Umgebungen, und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon