Seite - 267 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wiedemann-Windisch, Band 56
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Minckelmann 267 Winckelmann
sprechend, ihn für Oesterreich zu gewin-
nen, namentlich für Wien. Dann be>
schenkte Sie ihn mit einer goldenen und
einer silbernen Medaille. Von dem Ge-
danken an die Rückkehr nach Rom war
er nicht mehr abzubringen, und so reiste
er am 28. Mai allein von Wien ab,
seinem Verhängniß entgegen. Am 4. Juni
Mittags um 12 Uhr traf er in Trieft ein
und stieg im großen Gafthof am Peters«
platz ab, wo er im zweiten Stockwerk das
Zimmer Nr. 10 bezog. Im kleinen Neben-
zimmer Nr. 9 wohnte schon zwei Tage
Franz Aroangeli aus Campiglio im
Toscanischen. Dieser war wegen Dieb»
stahls, den er in Wien begangen hatte,
zu vierjähriger öffentlicher Arbeit in
Eisen im dortigen Gnaden-Stockhaus
und zu nachheriger Verweisung aus allen
deutschen Erblanden verurtheilt worden.
Infolge einer Amnestie aus Anlaß der
Vermalung des Erzherzogs Leopo ld
wurde seine Strafzeit verkürzt und er
schon im Mai 1767 seiner Hast ent-
lassen. Im Mai 1768 kam er, nachdem
er sich in der Zwischenzeit in seiner
Heimat und dann in Venedig herum»
getrieben, nach Trieft und stieg im Gast-
Hofe, in welchem Winckelmann später
einkehrte, ab. Bei der Wirthstafel traf
er mit dem Gelehrten, der sein Tisch-
nachbar war, zusammen. Ein Verkehr
entspann sich zwischen Beiden, der arg>
lose Winckelmann wurde vertraulich.
Arcangel i . begleitete ihn auf allen
Gängen in -Trieft, bekam aber auch
Kenntniß von einigen werthvollen Gold'
stücken, welche jener mit sich führte. Da
er selbst keinen Heller im Besitz hatte,
beschloß er den Raubmord Winckel-
mann'S, um sich des Geldes zu bemäch-
tigen. Nun nahte der Tag der Ab»
reise desselben nach Rom. Da vollbrachte
am 8. Juni, zwischen der 10. und 11. Stunde Vormittags Arcangel i
die entsetzliche That, indem er Winckel»
mann erst halb erdrosselte und ihm dann
fünf Stiche versetzte. Durch das Gerausch,
welches der Mordanfall veranlaßte, wurde
ein vorübergeher Diener aufmerksam,
öffnete die Thür und sah, wie der Mörder
mit einem Knie auf der Brust seines
Opfers lag. Als sich Arcangeli ent>
deckt sah, ergriff er die Flucht. Winckel'
mann, obwohl zu Tode getroffen, konnte
noch alle an ihn gerichteten Fragen
beantworten, sein Testament dictiren und
um Gnade für seinen Mörder bitten!
Um 4 Uhr Nachmittags hauchte er. seine
Seele aus. Der Mörder wurde am
14. Juni in Planina, das auf der Flucht
zu erreichen ihm gelungen war, ange>
halten und nach Trieft gebracht. Ob«
wohl er beim Verhöre in seinen Aussagen
sich wiederholt widersprach, gestand er
doch seine That und den Vorsatz,
Winckelmann zu berauben, ohne
Rückhalt ein. Der Proceß währte nur
kurz. Am 12. Juli fand das letzte Ver-
hör statt, am 16. Juli wurde das Urtheil
auf Tod und durch das Rad einstimmig
ausgesprochen und am 20. Juli der
Mörder lebendig von oben nach unten
gerädert, bis die Seele aus dem Körper
schied. Wir unterlassen es, die verschie»
denen Ausgaben der Werke Winckel'
mann's einzeln aufzuzählen, da solche
Angaben doch nur für den Bibliophilen
Werth haben; wohl aber gedenken wir
der Gesammtausgaben, deren erste in
französischer Sprache unter dem Titel:
7 vo^s. avso ZöO F^. st V2FN.
1790 ot 3. ^7x03. 8oo. in Bern) 4".,
40 Rchsthl.) erschienen ist. Diese fran-
zosische Ausgabe muß aber sehr selten
sein, da sie in I . M. Quörard's „I.K
(?g.ri3 1827,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon