Seite - 279 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wiedemann-Windisch, Band 56
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Winkker, Joseph 279 Minkler, Joseph
Ende. Nur ein paar Mal trafen noch
Gesellschaftsmitglieder bei ihm ein, die er
wohl um iyr Fürwort und die Wieder-
eröffnung eines näheren Zusammen-
Hanges bat, aber ohne Erfolg. So weit
berichtet Linden über Winkler's rosen«
kreuzerische Verbindungen, anläßlich deren
dann Besetzny bemerkt, daß dabei
allem Anscheine nach die frommen Vater
Jesu, die an ihm ein nicht ganz und gar
will fahriges Werkzeug gefunden und ihn
daher einfach fallen gelassen hatten, die
Hauptrolle gespielt haben dürften. Von
4777—1780 hat Baron Linden viel-
fachen Verkehr mit Winkler, mit dem
er sich in allerlei Gespräche einließ, aus
denen er die Ueberzeugung schöpfte, daß
Winkler in den mystischen Schriften
wohl bewandert gewesen sei und, wie
Linden sich ausdrückt, das UaFists-
rium M3.FNUN unter Leitung seines
Freundes und Aufsehers zu wiederholten
Malen ausgearbeitet, das Resultat aber
demselben habe einhändigen muffen, so
daß er sich nur von der Möglichkeit und
Thatsächlichkeit der Transmutation ver-
gewiffern konnte, ohne selbst je einen per-
sönlichen Vortheil dabei zu erzielen; kurz
daß er gesäet, aber nie geerntet habe.
Was nun Winkle r's Charakter betrifft,
so war unser Antiquar reich anAbsonder-
lichkeiten aller Art, hatte viele ganz eigene
Meinungen, Launen und Vorurtheile,
dachte selten, wie der große Menschen-
Haufe zu denken pfiegt, war sehr miß-
trauisch, zurückhaltend und argwöhnisch,
Alles Eigenschaften, die, wenn ursprüng-
lich schon vorhanden, durch den Verkehr
mit den rosenkreuzerischen Genoffen nur
noch verstärkt worden sein mochten. So
galt ihm das Wort »Liebster Freund"
für elne Beleidigung, die er lange nicht
vergessen konnte Dabei war er sehr
strenge in seinen Sitten; das schöne Ge- schlecht floh er in auffallender Art, er
betete viel und sah die römisch-katholische
Religion als die alleinseligmachende mit
Ueberzeugung an, verrichtete ihre Ge»
brauche und Ceremonien, welche er, wenn
davon gesprochen wurde, mit großer
Wärme und Ueberzeugungstreue verthei-
digte. Von der Freimaurerei hielt er
nicht nur nichts, sondern wenn man ihm
vorhielt, daß doch große Künstler jeder
Art dieser Gesellschaft^ angehören, so
erwiderte er, daß ihre Künste nur durch
Hilfe böser Engel verrichte^ wurden, mit
denen ihre ersten SMer^ein geheimes
Bündniß für sich und ihre Nachfolger^ye-
schloffen hätten* u. s. w. Inwieweit diese
Ansichten bei Winkler sich* von selbst
durch seine Eigenart und seine Studien
entwickelt haben, oder inwieweit rosen»
kreuzerischer Einfluß dabei thätig ge>
wesen, läßt sich freilich nicht bestimmen.
Wie sein Biograph erzählt, so war sein
Hauptmentor und Führer auf den ver»
schlungenen Pfaden zum Tempel der
anrüchigen Weisheit ein alter Rosen«
kreuzer, Namens Freimann, der viele
magische, cabalistische und alchymistische
Schriften geschrieben. Diese pries Wink»
ler als wahre Meisterwerke und ihren
Autor als den einzigen Mann, von dem
er etwas wahrhaft Reelles und Tuch»
tiges gelernt; nur war er die Proben
dieses reellen und tüchtigen Wissens
schuldig geblieben. In enger Verbindung
stand er auch mit Franz Joseph,Grafen
Thun, dem Stifter einer mystischen, der
sogenannten Gabledonischen Gesellschaft,
über welche man in Lauater's Pro-
tokoll über den „äpiritus t6.n1iU2.ri3
62.d1iä<ms" (Frankfurt und Leipzig
1787) weitere Aufklarung findet, und
deren Mitglied er schließlich auch wurde.
Als er aber allniälig in ihre Geheimnisse
eingedrungen, die sich ihm zuletzt nur als
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon