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Windisch-Gräh) Alfred Candid jZ Mindisch-Gräh, Alfred Candid
historische Vergangenheit zu moralisiren,
sondern um die Vertheidigung des ein-
mal anerkannten internationalen Rechts»
zuftandes und die Existenz der mit diesem
angegriffenen gesellschaftlichen Ordnung,
und insofern konnte er die hiebei zu Tage
getretenen Symptome von Schwache und
Haltlosigkeit der damaligen leitenden
Behörden mit Recht nur mißbilligen. Im
Sommer i847 anläßlich einer kleinen
Reise nach Venedig zum Besuche seines
dortselbst naun scheu Studien obliegenden
Sohnes, des Prinzen Ludwig, traf
Fürst Windi sch - Grütz zum letzten
Male vor dem Kriege mit dem schon
8<jährigen Feldmarschall Grafen Ra°
detzky zusammen, der, dem Ausbruche
stündlich entgegensehend, immer mehr
Truppen zu seiner Armee begehrte, von
dem man aber in Wien behauptete, er
sei in seinem hohen Alter beinahe kindisch
geworden!! Als im Winter !847/48 das
Brausen der Revolutionsstürme bereits
hörbar wurde, trachtete der Fürst, welcher,
um den drohenden Gefahren zu begeg»
nen, Fühlung, leider vergeblich, mit ein»
flußreichen Männern der höheren Stande
gesucht hatte, ohne erst in Wien anza»
fragen, da er sonst zuversichtlich damit
abgewiesen worden wäre, die böhmischen
Festungen, für die seit fahren nichts
geschehen war, zu approvisioniren und in
befriedigenden Stand zu sehen, denn er
sah das Herannahn dec, Kampfes mit
offenen klugen. Während der Märztage
l K4k gerade in Wien anwesend, um mit
den leitenden Persönlichkeiten die Auf«
stellung einer Beobacht ungsariuee an der
französischen Grenze zu besprechen, deren
Führung er übernehmen sollte, ward er
zufällig >>e,ugc der Bewegung jener Tage
und der sick an dieselbe knüpfenden
Ereignisse. Als diese zum Zusammen-
brücke aller leitenden Kräfte der Staats- Verwaltung führte und dem unberechen-
baren Weiterbringen des siegreichen Auf-
ftandes nur die vollständigste Rathlosig-
keit gegenüberstand, wurde der Fürst in
den höchsten Kreisen bestürmt, sich als
Dictator an die Spitze der Regierung zu
stellen und, indem er alle Vollmachten des
Monarchen in seiner Hand vereinige, der
drohenden weiteren Auflösung entgegen«
zutreten. Trotz längeren Widerftrebens
gegen die so unvorbereitete Uebernahme
, dieser schwierigen Aufgabe, trotz des Hin«
weises auf die Wichtigkeit der Rückkehr
auf seinen Posten in Böhmen, der im
Augenblicke allgemeiner Aufregung seine
Anwesenheit erheischte, übernahm er in
Rücksicht auf die schwere Verantwortung
für Kaiser und Vaterland die ihm auft
gezwungene Stellung. Den Titel eines
Dictators, als mit den monarchischen
Principien unvereinbar, ablehnend, trat
er als „mit allen Vollmachten" aus»
gerüstet, sein Amt an. Er bezog eine
! Wohnung in der Burg, verfügte vor
i Allem die militärische Sicherstellung der
'kaiserlichen Residenz und machte hiermit
den Drohungen des Aufruhrs ein Ende,
als deren Dolmetsch sich ebenso sehr die
böswilligen wie die schwachsinnigen Wohl«
gesinnten erwiesen hatten. Er entfaltete
eine bedeutende Truppenmacht und stellte
die Ruhe wieder her. Er versammelte
von Neuem die durch die Ereignisse aus
aller geordneten Thätigkeit geworfenen
Organe der Staatsverwaltung- er ver»
fügte die Verstärkung der inzwischen von
der Revolution und dem König von
Sardinien überfallenen Armee in Italien;
veranlaßte den Abgang des General»
stabschefs der Armee, Feldmarschall.
Lieutenants Baron Heß, in das Haupt«
quartier Radetzky's, sowie die Ernen«
nung des Obersten Ielaöiä zum Banus
von Croatim und vermochte es durch
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Band 57
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Windisch-Wolf
- Band
- 57
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon