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) Alfred Candid 15 Mmdisch-Gräh, Alfred Candid
die Hauptvortheile eines etwaigen Gassen»
gefechtes denInsurgenten zu entziehen, die
Truppen vor Verlusten möglichst zu sichern
und ohne großes Blutbad Herr der Stadt
und der mit ihr verbundenen Vorstädte
zu werden. Auch ließ er die Garnison
der Stadt durck Zuziehung von Truppen
aus den nächstgelegenen Garnisonen ver»
stärken. Auf die wiederholte Androhung
einer Katzenmusik erklärte er, daß, wenn
sie ihm als Privatmann gelte, er sie mit
Gleichmüthigkeit aufnehmen, eine der-
artige der Würde des commandirenden
Generals angethane Insulte aber mit
Waffengewalt zu verhindern wissen werde.
Während der General so seine Maßregeln
traf, blieb auch die Umsturzpartei nicht
müßig und bereitete sich zum Kampfe vor.
Eine mit dem frühesten Morgen des
Pfingstsonntages ( l l . Juni) im Clemen-
tinum tagende Versammlung von Stu°
denten beschloß, von französischen Bar«
ricadeurs und von Abgesandten des pol»
nischen Centralclubs zu Paris geleitet,
eine Deputation an den commandirenden
General zu senden, mit dem Verlangen
um Ausfolgung von mehreren tausend
Stück Feuergewehrm, 80.MM scharfen
Patronen und einer ausgerüsteten Bat-
teriü an die Studentenlegion und um
Ontfernung der am Wyschehrad, Lau«
renziberg und an anderen Orten auf-
gestellten Kanonen. Auf dieses Begehren
der im lHeneralcommando erschienenen
Deputation antwortete der Fürst: „Die
Gewehre und Munition benöthige er zur
Ausrüstung der kaiserlichen Truppen,
und Kanonen werde er auf keinen Fall
verabfolgen." Als nun den Forderungen
drohende Warnungen folgten, mtgegnete
er mit ruh'ger Gelassenheit, „er werde die
Dinqä erwarten, die da kommen würden,
und seine Pflicht als commandirender
"General erfüllen". Gleichzeitig hatten die Studenten an allen Straßenecken
rothgedruckte Placate anschlagen lassen,
worin sie ihre Begehren dem Volke kund-
gaben und dieses zur Unterstützung der«
selben aufforderten. Das Herabreißen
dieser Placate durch das Militär und
einige gut gesinnte Bürger führte zu be-
deutenden, jedoch noch unblutigen Con-
sticten mit den Studenten und der übel-
gesinnten Nationalgarde. Die aufgeregte
Stimmung der Bevölkerung benutzend,
ordneten die Führer der Umsturzparteien
für Montag den 12. Juni eine große
Volksversammlung am Roßmarkte zu
einer in einem Kapellenzelte zu lesenden
Messe um l0 Uhr Vormittags an, die
auch abgehalten wurde. Aufreizende
Reden, Verwünschungen gegen die Aristv'
kratie, die gutgesinnten Bürger, das
Militär und dessen Chef enthusiasmirten
die Menge zu einem feierlichen und
feurigen Schwur der Verbrüderung und
gegenseitigen Unterstützung. Und fast zur
selben Zeit erschien eine Deputation von»
wohl 290 achtbaren Bürgern im General»
commando und brachte dem Fürsten, mit
der Versicherung des ungeheucheltsten
Vertrauens, die Bitte vor, derselbe möge
die Zügel in seiner festen Hand bewahren,
da es wohlbekannt, daß das Bestre-
ben der Nmstur^männer dahin gerichtet
sei, ihn von seinem Posten zu entfernen^
Um Mittag theilten sich die Volksmassen
am Roßmarkte und zogen unter Absin»
guug böhmischer Spottlieder durch die
Gassen der Stadt. Ein solcher Haufe
begegnete beim Generalcommando der
zurückkehrenden Bürgerdeputation und
sing an, sie zu insultiren und zu be-
drohen. Eine eben zur Ablösung mar»
schirende, von Lieutenant Iablonsky
befehligte halbe Grenadiercompagnie
rückte heran und suchte Ordnung zu
machen. Iablonsky wurde von einem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Band 57
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Windisch-Wolf
- Band
- 57
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon