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Windisch-Grätz) Alfred Candid 23 Mindifch-Grätz, Alfred Candid
Kriegskräfte geboten wurde. Stets von
der Ueberzeugung durchdrungen, daß die
revolutionären, Ungarns Losreißung be»
zweckenden politischen Ergebnisse der
letzten Monate beseitigt werden müßten,
hatte er bereits im März, und so viel er
es konnte, auch von Prag aus gegen die»
selben gewirkt. Er wollte aber auch ahn-
liche Vorgänge für die Zukunft vermieden
sehen und suchte nicht mit Unrecht das
Ziel darin, Ungarn unter den so vielfach
geänderten Verhaltniffeii der Monarchie
in den Organismus des Reiches hinein»
zufügen, indem er die directe Gegner»
schaft gegen die ungarische Nationalität
ebenso wenig mit seinen Anschauungen
vereinigen konnte, als er auch Zweifel
darüber äußerte, ob die verfügbaren null-
täuschen Machtmittel zu einem Vernich«
tungskampfe gegen die magyarische Na»
tionalität ausreichen würden. Bei seinem
offenen Charakter und der tief in ihm
begründeten Ueberzeugung, daß ein ge»
rader und consequent verfolgter Gang
der Regierung derselben die meisten An»
Hänger und folglich die kräftigste Stütze
schaffen müßte, sah er sich hier in entschie-
denem Widersprüche mit den Auffaffun»
gen des Ministeriums, welches bis zum
letzten Tage vor dem Aufbruche der
Armee sich nicht bestimmt über seine poli»
tischen Pläne in Ungarn aus sprechen
wollte. So kam es. daß von den einfluß»
reicheren, bedeutenderen Persönlichkeiten
aus den Reihen jener Ungarn, welche
der Dynastie treu geblieben, keine zu be«
wegen»war, sich dem in ihr Land ein»
rückenden Feldherrn thätig anzuschließen.
Er mußte sich daher, um nur einiger-
maßen über politische Organe verfügen
zu können, auf die Verwendung in Un>
gärn gedienter Ofsiciere und später solcher
Männer beschränken, welche aus persön»
lichem Vertrauen in die staatsmannischen Anschauungen des Fürsten sich ihm zur
Verfügung stellten, aber auch nach seiner
Abberufung zum größten Theile den
Dienst wieder verließen. Kaum war der
tzeldmarschall in Ungarn eingerückt, so
folgten ihm die verschiedenartigsten, mit>
unter widersprechendsten und abenteuer»
lichsten Entwürfe bezüglich der in Un-
gärn zu befolgenden Politik, namentlich
aus den Kreisen des Ministeriums des
Innern, Entwürfe, die mit den thatsäch-
lichen Verhältnissen oft im grellsten
Widersprüche standen oder mit den ver-
fügbaren Mitteln gänzlich undurchführbar
erscheinen mußten. Fürst Windisch-
Grätz suchte vorläufig durch militä»
rische Orgamsirung der wiedergewon«
nenen Landestheile den politischen Be-
schlüssen in keiner Art vorzugreifen,
machte jedoch dem Ministerium den Vor»
wurf, daß es dort, wo die Revolution
unterdrückt worden, in den deutschen
und slavischen Provinzen, der nöthigen
Festigkeit entbehre, in dem noch zu
erobernden Ungarn aber politische Vor«
gange beanspruche, welche die von ihm
zu lösende Aufgabe erschweren müßten.
So boten die Forderungen des Feld»
marschalls bezüglich der absolut zum Er-
folge nothwendigen Kriegskräfte, dann
die Fragen über die Reorganisation Un-
garns vielerlei Anlaß zu Reibungen zwi>
schen Feldherrn und Staatsmännern,
und auch der Gang des Ministeriums in
allen übrigen Fragen der inneren Politik
war in sehr vielen Richtungen nicht mit
dem Gedankengange des Feldmarschalls
in Einklang zu bringen. Der Besieger
der Revolution in Prag und Wien durfte
sich mit vollem Recht als den Schöpfer
der Lage der Dinge betrachten, wie diese
in den Octobertagen hervorgegangen'
für die Art und Weise aber, wie diese
Situation für die Zukunft des Reiches
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Band 57
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Windisch-Wolf
- Band
- 57
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon