Seite - 36 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wolf-Wurmbrand, Band 58
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Molfsberg 36 Wolftderg
im Theater; später kaufte sie ein Haus
mit einem Fischerhäuschen in Gnigl
nächst Salzburg und bald darauf ein
Haus in Salzburg selbst. Sie führte da
mit ihrem Gatten ein geräuschloses und
in Anbetracht ihres Ahreseinkommens
von 9000 fi. und der Renten ihres er-
sparten Capitals behaglickes Leben. Da
klopfte wieder das Unglück an die Thür
der bedauernswerthen Frau: Eines
Tages blieb die Apanage aus, aus Wien
traf die Hiobspost ein: Hofrath M
habe durch?men Sturz aus dem Fenster
seinem Leben ein jähes Ende gemacht,
nachdem er zuvor alle Papiere verbrannt
und auch die Prärißsen Emil iens so
sorgsam verborgen, daß sie schlechtem
dings nicht zu finden seien. Wahrschein-
lich hatte der „pflichttreue Pflegevater"
das Vermögen seiner Pflegetochter ver-
lottert und war dann tragisch gestorben.
So sah sich Emil ie Victor ine, die
damals 47 Jahre zählte, plötzlich in
harte Bedrängniß versetzt. Noch hätte sie
durck Verkauf ihrer Häuser, Pferde, ihrer
Equipagen sich v'or dem Bettelstab retten
können; aber an ein üppiges glanzvolles
Leben gewöhnt, wollte sie dem allen nicht
entsagen. Zum Ueberfiuß hielt sie eine
ganze Menagerie von Affen, Papageien,
Vögeln, 32 Hunden, deren Erhaltung
große Unkosten verursachte. Mit den
Hunden trieb sie es bis zum Ekel arg:
während sie ihren Dienstboten nichts zu
essen gab, speisten die Hunde von sil-
bernen Tellern; ein jeder hatte seine
eigene Bedienung, wurde gepflegt wie
ein Schooskind, gefüttert wie eine Span-
sau, und starb einer aus dieser vier-
füßigen Sippe, so ward ihm in dem
Hausgarten ein Marmordenkmal gesetzt!
Daher entstand der Frau im Volksmunde
der zutreffende Name der „Hundsgräfin".
Da kam 1839 der härteste Schlag über sie, ihr Gatte Vincenz Brauner, seit
längerer Zeit bereits krank, starb im
Krankenhause. Nun stand sie mit ihren
Hunden, Vögeln und allem Flitter allein
im Leben. Die Noth wuchs mit jedem
Tage, allmälig wanderte Alles, was sie
noch besaß an Seidenkleidern, Spitzen,
Schmucksachen u. d. m., ins Leihhaus.
Durch den Verkauf ihres Stadthauses
gerieth sie in Schwindlerhände und in
Processe. Es kam zur Pfändung, zur
Erecution. Endlich gerieth auch das
Letzte, was sie noch werth hielt neben
den nothdürftigsten Möbeln: fünf Papa»
geien, acht Singvögel, zwei Turtel»
tauben, acht Pfaue und zwölf Hunde,
unter den Hammer. Wirkliche Noth
klopfte an ihre Thür. Sie wendete sich
an die höchsten Herrschaften um Unter-
stützung. Durch das Fürwort derselben
erhielt sie eznen Gnadengehalt jährlicher
400 st. Und zwar wmde ihr diese außer-
ordentliche Unterstützung durch Vermit«
telung der Exkaiserin M arie L u i se, au
die sie sich wiederholt bittlich wendete
und niemals vergebens! Zu dieser
Gnadengabe von Seite des ah. Hofes
gesellte sich, als ihr erster Gatte Advocat
Schonauer starb, eine Iahrespensiou
von 300 st. aus der juridischen Witwen»
casse, und mit dem Gesammtbetrage von
700 st. hätte sie ein bescheidenes und
sorgenfreies Leben führen können. Aber
besessen vom Proceßteufel, verbrauchte
sie auch diese Unterstützung zu Gebühren
und Gerichtsspesen. So wuchs ihre Noth
mit jedem Tage. Von oben herab hatte
man doch nie aufgehört, sich für die Ver»
lassene zu interessiren. Durch Vermitte»
lung des Erzbischofs Fürsten Schwär«
zenberg sollte die Arme eben in einem
Spital barmherziger Schwestern unter«
gebracht werden, als ihr der Tod diese
letzte Demüthigung ersparte, denn im
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon