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Molkenftein (Genealogie) Molkenftein (Genealogie)
grasen stand. Beide Linien weisen eine er»
kleckliche Anzahl von Sprossen auf, die in
der Geschichte, namentlich ihres engeren
Vaterlandes, besonders denkwürdig sind.
Nnter den Männern, die dem Fürsten im
Ratye. dem Lande in seiner häufig genug
vorkommenden Noth. durch Umsicht und
Klugheit o^>er mit dem Schwerte in der
Hand dienten, unter den Würdenträgern der
Kirche, unter den Förderern der Kunst und
Wissenschaft, unter den Günstlingen unseres
.erlauchten Kaiserhauses sind die Wolken«
stein nichts weniger als selten vertreten. Zwei
Brüder. Veit , und zwar dieser der erste, und
Michael, trugen Beide die höchste Aus-
zeichnung, womit der Monarch nur seines
Gleichen oder die Edelsten im Lande zu
schmücken pflegt, das goldene Vließ.
Beide dienten dem Kaiser, Ersterer in dessen
bedrängnißvollen Tagen, mit selbstloser Er»
grbmhcit; ebenso waren Christoph, Chri-
stoph Franz, Gngelhard Tboodorich,
Paris, Wilhelm in dem theils durch innere
Unruhen, theils durch feindliches Eindringen
von Außen oft genug und schwer bedrängten
Lande dessen thatkräftige Stützen und Schir»
mer. indem sie durch energisches Einschreiten
entweder die noch drohende Gefahr beschwo«
ren. oder wmn das Unglück schon herein»
gebrochen, dasselbe bewältigten. Ein Graf
Wolken stein, Generalmajor Theodor,
ließ sein Leben, für Deutschlands Befreiung
vor den Schanzen von Mainz; die Grafen
Paris und Wenzel feuerten den Muth des
edlen Tiroler Volkes an in den denkwür»
digen Kriegsjahren t8<)0. 18U3 und 1809. —
Ein besonderer Charakterzug dieser Familie
ist das entschiedene Festhalten an ihrer Kirche,
welcher sie, ob als Laien, ob als Priester,
nicht nur für ihre eigene Person mit Innig-
keit'anhängen, sondern welche sie auch als ein
Palladium der Heimat mit Gut und Blut
beschützen. Allen als leuchtendes Beispiel
voran geht der berühmte Neliquimsammler
Gngelhard Theodorich, einer der eigen«
artigsten und entschiedensten Charaktere in
der denkwürdigen Zeit, als das Land Tirol
von den Einflüssen der reformatorischen De»
magogen von allen Seiten, namentlich aus
Deutschland und der Schweiz, bedroht war.
Die Bischofssitze und Domcapitel von
Trient,. Rooeredo, Briren, Salzburg und
Chiemseeweisen öfter den Namen Wo l k en>
stein auf, und im Orden der deutschen Ritter,
wie in den eigentlich kirchlichen Orden der! Franciscaner, Jesuiten, Cafturiner begegnen
wir demselben nicht weniger selten, wir nennen
nur die Bischöfe Georg, Nicolaus,
Siegmund Ignaz, die Ordenspriester
Hieronytnus, Maximi l ian, Mart in
Nlrich. — Aber auch in der Wissenschaft.
Literatur und Kunst glänzt der Name Noi>
kenstein in goldenem Licht. Nimmt doch
Oswald von Wol kenstein unter den
Minnesängern an der Grenzscheide des Mittel»
alters einen hervorragenden Platz ein, der
ihm freilich erst eingeräumt und gesichert ist
seitdem Johannes Schrott mit einem dem
Dichter ebenbürtigen Geiste dessen Lieder in
die leichte und allgemein verständliche Sprache
der Neuzeit umgegossen und uns damit ein
wahres Schatzkästlein der Poesie erschlossen
hat. Welche Verdienste Marc Sittich um
die Geschichte seines Heimatlandes besitzt,
erfahren wir aus der Lebensskizze in der
Reihe der besonders hervorragenden Sprossen
dieses Hauses, und daß er von Beda Weber
in priesterlicher Anschauung so tief neben
seinem Bruder, demReliquiensaminlcr Engel«
hard Theodorich, gestellt wird, muß man
der Befangenheit des übereifrigen Katholiken
zugute halten, der in seinem mystisch»religiösen
Nebel die Dinge uicht eben sieht, wie sie
wirklich sind, sondern wie sie gerade ibm er»
scheinen. Darum wollen wir unparteiisch
Engelhard T h eodorichs Verdienste nicht
um ein Itüpfelchen schmälern, da er solche
ebenso als Sammler, wie in der mit seinem
Bruder Marc Si t t ich verwandten Nich«
tung als geschichtlicher Forscher besitzt. Auch
Graf Paris uno Graf Wenzel, Beide als
Freunde und Förderer der Wissenschaft, dürfen
hier genannt werden. Uebrrhaupt macht sich
die ideale, schwärmerische und humanitäre
Liebe im Charakter vieler Glieder dieses edlen
Geschlechtes besonders bemerkbar. Fällt
sie uns
schon bei dem Ersten dieses Hauses, der die
Burg, den Stein, welcher sich in die Wol'
ken erhebt, Wolkenstein baute und sich
nach dieser Burg nennt, sofort auf, so tritt
sie im Laufe der Zeit bei vielen Sprossen
noch glänzender hervor, so bei Weit in seiner
felsenfesten Ergebenheit, mit welcher er die
Gefangenschaft seines kaiserlichen Herrn theilt;
bei Oswald, der in blinder Liebe für die
tückische arglistige Sabine ins heilige Land
pilgert und dem falschen Weibe auch dann
noch vertraute, nachdem sie ihn schon einmal
hintergangen und mit seinem Herzen frevel'
Haftes Spiel getrieben hatte,- bei Marc Sit-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon