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Wolny, Gregor 74 Wolny ^ Gregor
geistlichen Stande zu widmen, in welchem
infolge der Befreiungskriege, die alle
wehrhafte Jugend zu den Waffen riefen,
der Mangel an Priestern sich allgemein
fühlbar machte. Auch das Benedictiner-
ftift Raygern litt unter den erwähnten
Verhältnissen, und dies umsomehr, als
dasselbe nach einem 1809 mit dem
Staate getroffenen Ue.bereinkommen aus
seinen Ordensmitgliedern die Lehrkräfte
zur philosophischen Lehranstalt in Brunn
beizustellen hatte. Wolny, der 1813
bis 1813 sich für den geistlichen Stand
vorbereitet hatte, trat 1816 in das
Stift. Da er die theologischen Studien
bereits beendet hatte, erhielt er am
29. März 1818 die heilige Weihe. Nun
widmete er sich als Aushilfscooperator
zu Kanitz der praktischen Seelsorge, da
er sich aber schon vorher um eine Pro»
fessur der Weltgeschichte beworben, wurde
ihm mit Beginn des Schuljahres 1821
dieselbe nebst jener der Philologie
am Gymnasium zu Brunn verliehen.
Hier war der junge Priester an seinem
rechten Platze, und bald sammelte er einen
Kreis strebsamer Jünglinge um sich,
welche, dem Meister folgend, an die
Pflege der vaterländischen Geschichte
gingen. Das von Wolny begründete
„Taschenbuch für Geschichte Mährens
und Schlesiens" wurde das Organ dieses
Kreises, und in den Jahrgängen 1826,
1827 und 1828 begegnen wir bereits
jenen Männern, die später unter den
Forschern in Mährens Geschichte obenan
stehen, wie d'Glvert, Czikann, Kör«
ner, Schön und Andere. I n diese
Zeit fällt auch Wolny's Bekanntschaft
mit Freiherrn von Hormayr, mit dem
er im regen Briefwechsel blieb, bis dieser
Historiker in bayrische Dienste überging
und feindselig gegen Oesterreich auftrat,
und mit Dobrowsky, mit welchem ihn bald ein inniges Freundschaftsverhältniß
verband. Da es damals an einem guten
Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte
gebrach, arbeitete er ein solches aus und
gab es in Druck. (Die bibliographischen
Titel seiner wissenschaftlichen Arbeiten
folgen am Schlüsse der Lebensskizze.)
Auch begann er mit den Vorarbeiten zur
Verwirklichung seiner längst geplanten
Idee, eine ausführliche Landeskunde
Mährens zu schreiben. Zu diesem Zwecke
unternahm er von 1830 ab Wände»
rungen nach allen Theilen des Landes,
sammelte alle auf dessen Kenntniß bezüg/
liche Materialien, und in stetem brief>
lichen Verkehr mit Männern, wie Hor»
mayr, Boczek, Richter, Kno l l und
Anderen, lernte er das Gefundene und
Gesammelte verwerthen, und so entstand
allmälig seine topographisch-statistisch'
historische Beschreibung von Mähren,
durch welche Schwoy's seinerzeit sehr
verdienstliches Nerk entbehrlich wurde.
Indessen setzte er seine Wanderungen
durch Mähren unablässig fort und ge.
wann so die Materialien zu seinem
zweiten Hauptwerke, der kirchlichen
Topographie Mährens, einer Arbeit einzig
in ihrer Art und wie eine zweite kein
Kronland des Kaiserstaates bisher noch be<
sitzt. Um aber die daran gewendete Mühe
nur einigermaßen würdigen zu können,
bemerken wir, daß Wolny nicht weniger
denn !i000 Stück Urkunden deS Krem-
sierer Archivs durcharbeitete, zu geschwei«
gen der mehr als anderthalb Tausend
des Olmützer Domcapitels, dessen Durch»
forschung ihm der geistvolle und edle
Cardinal Erzbischof Freiherr von Som»
meraU'Böckh in liberalster Weise g^
stattete. Doch diese Arbeiten nahmen so
sehr die Thätigkeit des gelehrten Prie»
sters in Anspruch, daß er im April 1840 um
Enthebung von seiner Professur ansuchte,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon