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131 Mothe
und eifrigen Künstler, welche das einst
so berühmte Ensemble des Burgtheaters
bildeten. Mit seinem Abgang von der
Bühne trat er aber in eine neue Phase
und wurde als Sonderl ing eine der
typischen Gestalten von Altwien. Wothe
war, wenn nicht gerade reich, doch sehr
wohlhabend; immer knickerisch, sollte er
sich sein Vermögen erspart haben, nach
Anderen hätte er eine reiche Frau beerbt
und wurde nun Häuserspeculant eigener
Art; er zog sich nach Ober-St. Veit
nächst Hietzing bei Wien zurück und
erstand dort zum Verkauf gelangende
Häuser. Sobald er Eigenthümer gewor«
den, kündete er allen Inwohnern die
Miethe, nagelte die Häuser zu und ließ
sie — Ruinen werden. Dies ist That»
sache, da ich, nahezu ein Vierteljahr-
Hundert in Ober-St. Veit wohnend,
Zeuge der Verwüstung war, in welcher
die Wothe'schen Häuser und auch jenes,
das er selbst bewohnte, sich befanden.
Jeder Besucher wurde abgewiesen, die
Gartenarbeit verrichtete er selbst, und
man konnte ihn öfter mit Spaten, Haue
und Hacke beschäftigt erblicken. Außer«
dem betrieb er mit großem Eifer die
Gänsezucht, wobei er sehr rationell vor«
ging, die Thiere mit einer Weidenruthe
in der Hand selbst auf die Weide trieb,
beim Eierlegen und Brüten beobachtete
und wartete u. s. w. Wollte Jemand
mit ihm sprechen, so mußte dieser bei
einem Loche in der Mauer sich bemerkbar
machen und was er brachte — so z. B.
die Pension — durch dasselbe hinein»
schieben, worauf die Gmpfangsbestäti-
gung auf demselben Wege zum Ueber»
bringer gelangte. Bei ihm lebte feine
alte Schwester, noch ein widrigeres Ort«
ginal als er, die, wenn sie statt des Bru»
ders etwas übernahm, nicht selten die
Zunge dem Ueberbringer herausreckte« Als er starb, hieß es in einem kurzen Be-
richte über ihn: „Sein Krankenbett war
ein elendes Strohlager, sein Arzt die
alte Schwester und sein Trost: Flüche auf
die Menschheit. Und der Mann, der so
lustig auf der Bühne und so elend im
Leben war, hinterließ nach seinem Tode
nebst zwei schönen Stadthäusern noch
ein Vermögen von nahezu zweihundert«
tausend (?) Gulden." Was im Vorstehen,
den über seine Sonderlingsnatur berichtet
worden, beruht auf Thatsachen. Viel
wurde auf Rechnung derselben gefabelt,
absichtlich entstellt oder hinzugelogen;
doch war das Thatsächliche widrig genug.
Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt)
1869. Nr. lsl)7 in den „Theater, und Kunst'
Nachrichten". — Fremd en. Blatt. Hon
Gustav Heine (Wien. 4".) l869. Nr. 249.
232, 233 und Nr. 262 in der Rubrik „Theater
und Kunst". — Wiener Zeitung. t8«:o.
Nr. 207. — Constitutionelle Vorstadt'
Zeitung (Wien. Fol.) j j . September i«<>i>,
Nr. 232 im Feuilleton: „Der gespenstige
Hausherr von Ober-St. Veit". Von (W)im'
(mer). — Costenoble in seinen Memoiren
„Aus dem Burgtheater" (Wien l888) ge»
denkt an mehreren Stellen Wothe's, und
Glas brenn er in seinen „Bildern und
Träumen um Wien" gibt eine Charakterist k
des Künstlers. — Kinderfreund (Karl
Ios.). Thalias und Euterpes Klagen. Nebst
vermischten Episoden über Manches aus
unserer Zeit (Wien l830. 8".) S. luo u. 1U3.
Wothc's Potträt und Costumvilder. Der
Hofschauspieler Anton Wagner j^Bd. I^ll»
S. 88) har Wothe's Porträt für die Sän«
gerin Nosenbaum in Aquarell gemalt.
Wothe stand damals noch in jüngeren
Jahren, und das Bild war ihin sebr ähnlich.
Später gelangte dasselbe in den Besitz eines
Peter Schneer, seinerzeit Beamten der
Finanz-Landesdirection in Wien. — Die
B ä u e r l e'sche „Theater»Zeitung" brachte
wiederholt Coftumbiloer Wothe's. unter
anderen zwei auf Blatt 43 ihrer „Costum«
oilder". gezeichnet von Schoeller, gestochen
von And. Geiger: Wothe als Kosak
in „Jelva" und als Vatel m „Ehrgeiz in
der Küche".
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon