Seite - 164 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wolf-Wurmbrand, Band 58
Bild der Seite - 164 -
Text der Seite - 164 -
) Albert Heinrich 164 Wratislaw (Wappen)
Ein in England lebender Abkömmling der
Familie Wrat is law. Welcher Linie der«
selben er angehört, ist nirgends ersichtlich.
Mikowec vermuthet, und zwar nicht mit
Unrecht, daß der Großvater des in Rede Ste°
hcnden zur Zeit der Kaiserin Mar ia There.
sia sein Vaterland verließ, um nach Bestegung
Kar l Albrechts von Bayern der Ahndung
Zu entgehen, welche allen denen bevorstand,
die dem Usurpator gehuldigt hatten. Anderer'
seits heißt es wieder, Alberts Großvater
fei l770 als Protestant nach England aus«
gewandert und habe sich dort anfangs Marc
Wrat iü lawia genannt. Unter diesem Na-
men wirkte er als Lehrer der neueren Sprachen
an der Schule zu Rugby; als er später das
Heimatsrecht daselbst erlangen wollte, mußte
rr seinen wirklichen Namen Wrat is law
angeben; auf dem Sterbelager aber bekannte
er seiner Gattin Francisra. daß cr in der
That einem Grafengeschlechte angehöre, In
England hatte er sich zweimal verheiratet,
und von seiner zweiten Frau stammen die
heute in England lebenden Sprossen der
Familie Wrat is law. Zwei seimr Söhne,
John und Wi l l iam Ferdinand, hinter-
ließen Nachkommen, und der Sohn des Letzt»
genannten ist der obige Albert Heinrich
Wrat is law. Derselbe erhielt seine erste
Ausbildung unter dem als Zehrer allgemein
geschaßten Dr. Arnold an der Schule zu
Rugby, welche er im Alter von lö Jahren
verließ, um sich fortan dem Studium drr
Rechte zu widmen. Doch diese Richtung gab
rr bei seiner großen Vorliebe für streng
wissenschaftliche und namentlich theologische
Studien bald wieder auf und ging l84<)
zunächst auf die Universität Cambridge, wo
er das 'I'i'init^ OnUe^e. besuchte, später aber
in das Oln-iäts Ooilegü übertrat, in welchem
rr sich für ein Lehramt vorbereitete und mit
besonderem Eifer und Erfolge das Studium
der Mathematik und der alten Classiker be»
irirb. Ueberdies bekleidete er verschiedene
Würden an diesrm Colleg, schrieb auch Mch»
reres. namentlich über die Reform oder die
nöthigen Aenderungen in den englischen Hoch'
schulen, infolge dessen er die Genugthuung
erhielt, daß seine Ideen von Seite der Ober»
leitung gewürdigt und allmälig auch oer»
wirklicht wurden. Später ward er an der-
selben Hochschule, wie es bei der anglo«
kanischen Kirche Brauch ist, zum Diakon und
zuletzt zum Priester geweiht. In den Ferien
1848 machte er eine Reise nach Deutschland und studirte in Bonn deutsche Sprache und
Literatur. Ueber den Ursprung seiner Familie
in Kenntniß, richtete er seine nächste Auf-
merksamkeit auf deren Heimat Böhmen, welche
mit dem Geschicke seiner Familie in so enger
Verbindung stand. Im Jahre 1849 besuchte
er für längere Zeit Böhmen, machte sich mit
den Oertlichkeiten, mit den Sitten und
Brauchen und dem Stande der politischen
Verhältnisse bekannt und verlegte sich auch
mit allem Eifer auf das Studium des
Idioms, welches seine Vorfahren gesprochen.
Er hielt sich längere Zeit auch in Prag auf,
das er unier Führung des Professors Karl
Tief t runk und dessen Bruders Wenzel in
allen Einzelnheiten kennen lernte. Im fol«
genden Jahre besuchte er Krakau und uer°
legte sich daselbst auf das Studium der pol-
nischen Sprache. 1832 kam er als Haupt«
lehrer an die neuerrichtete Schule zu Felsted
in der Grafschaft Esser, wo er sich auch ver»
malte. Dann folgte er einem Rufe als
Dirrctor an die alte und berühmte, von
König Cduard VI. gegründete Schule zu
Bury St. Edmunds, an welcher er wohl
noch zur Stunde thätig sein dürfte. Wra»
t is law ist auf theologischem Gebiete viel«
fach schriftstellerisch thätig und hat mehrere
Hefte Kanzelvorträge und Abhandlungen über
einzelne Stellen des neuen Testamentes
u. d. ui. herausgegeben. Aber auch die Lite-
ratur der Heimat seiner Familie pflegte er
mit Vorliebe und Erfolg, so gab er in der
„l^vi-a <'!e«kot>Icnvut»l,kll,^ rme Sammlung
älterer uud neuerer uMscher Dichtungen in
englischer metrischer Urbrrtragung heraus,
übersetzte die Königinhofer Handschrift, dann
seines Urahns Wenzel Schicksale auf dessen
Reise nach Constantinopel, feiner schrieb er
ein Buch über die Heiligsprechung des Io»
hann von Iteftomuk, das er mit einer
Sammlung der über denselben vorhandenen
Legenden veröffentlichte, und welches dann in
äechischer von I . Prochaska ausgeführter
Uebersetzung jt><»8 in Prag erschienen ist.
^8v«to2oi' (uechische illustrirte Zeitschrift,
kl. Fol., l8«7. Seite «4: „^Idnrt llsni>7
^Vl'ü.ti8l^v". — Porträt. Unterschrift: ,,^!b.
II«nr. ^VrM«wn', j Ki-Osli! K. NlÄixner^.
Guter Holzschnitt im uorbenannten „Zvs-
I I I . Wappen. Von Roth und Schwarz senk'
recht getheilt ohne Bild. Auf dem Schilde
ruht ein gekrönter Tmnierhelm, auf dessen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon