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Webn«!, Ladislaus Mrlnra, Ladislaus
nach der Uebung und den Anschauungen
jener Tage die belobtesten Reiterofsiciere
damals kein Bedenken trugen, Gebrauch
zu machen; ein trefflicher Reiter, schön
und elegant, geistreich und witzig, an-
regender Causeur, dabei vielseitig unter»
richtet, nicht bloß in seinen Fachwissen-
schaften, auch in Geschichte und Politik
belesen, zählte der brillante Huszaren-
oberst zu den interessantesten Erscheinun-
gen der höheren Gesellschaft. Das war
nun freilich lange vorbei. Geraume Zeit
Brigadier in Brunn, dann Divisionär in
Wien, war ihm das Gewinnende, Be-
stechende seines Wesens in einer bei dem
Mangel ausreichender Beschäftigung all-
mälig angelebten Nachlässigkeit verloren
gegangen, während gewisse bedenkliche
Seiten seines Wesens sich mit der Zeit
schärfer, kantiger ausbildeten. Was früher
Witz gewesen, wurde verletzender Sar-
kasmus, was man als Schlagfertigkeit
bewundert hatte, traf als böser Hieb.
Selbstgefällig, eitel, ehrsüchtig, war er
aufs höchste empfindlich gegen das miß'
günstige Urtheil Anderer, das er durch
spitze Worte und Reden doch fort»
wahrend herausforderte. I n der Politik
Schwarzseher, unerbittlicher Verurtheiler
jeder Mittelmäßigkeit und Halbheit,
geißelte er mit gleicher Schärfe die Schläf-
rigkeit und um sich greifende Fäulniß
des alten Systems, zu dessen entschie»
denen Anhängern, wie das leichtfertig
großsprecherische Phrasenthum des mo-
dernen Liberalismus, °,zu dessen aus«
gesprochenen Gegnern er gehörte, und
sagte die unheilvollen Ergebnisse solcher
Zustände mit einer Bestimmtheit voraus,
die ihn zum überlästigen Propheten
machte. Die Männer der ständischen
Fortschrittspartei in Wien, die zeitweis
in der Residenz erscheinenden Persönlich»
ketten der ungarischen Opposition, in denen er nichts als bewußte und un»
bewußte Werkzeuge der ganz Europa
unterwühlenden Revolutionspropagan-
den erblickte, waren ihm Greuel, sowie
er ihnen. Nicht besser stand er zu seinen
eigentlichen Berufskreisen und ließ gewiß
keine Gelegenheit vorübergehen, wo er
an dem überlebten Hofkriegsraths'
Schlendrian die ätzende Lauge seiner Sa-
tyre prüfen konnte. Wenn er es dadurch
mit dem Areopag aller alten Herren
gründlich verdarb, so wollte es sein Miß-
geschick, daß er sich den Ingrimm auch
der jüngeren Kräfte der Armee auf den
Hals hetzte. Im Jahre 4846 Comman-
dant eines mobilen Corps in West-
galzien, war er bestrebt, in die arg ver-
wahrlosten Militärzustände des Landes
strengere Zucht zu bringen, was ihm die
Anerkennung unbefangener und einsichts-
voller Ofsiciere, aber auch den Haß aller
aus ihrer gewohnten Ruhe aufgestöberten
Factoren zuzog. Aufbrausend uud barsch
gegen seine Untergebenen, überwarf er
sich mit seinem Generalstäbler Mayern
und hatte nun das ganze Corps gegen
sich, das sich um seinen tief verletzten
Genossen mit Leidenschaft annahm und
in all seinen Verzweigungen Wrbna
ein Heer von Widersachern schuf, deren
Zahl wuchs, je höher der Angefeindete
stieg. Auf solche Weise konnte es einem
Soldaten von bedeutenden Eigenschaften,
einem Manne von redlichem Willen und
geradem Charakter, geschätzt und geachtet
von Allen, die sein Inneres erkannten,
gelingen, sich unbeliebt, ja verhaßt zu
machen, wie nur einer in der Armee.
Wrbna, zuletzt Commandirender in
Oberösterreich, hatte seinen neuen Posten
noch nicht angetreten, hatte nicht einen
Befehl hinausgegeben, als schon aller-
Hand mißgünstige Kritik gegen ihn schürte:
vom rangältesten seiner Generale, Feld-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon