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^Rudolf
Bürgertugenden allen ein erhebendes
Beispiel gegeben, ein ewiges Gedenken.
Mit dem oberwähnten kaiserlichen Hand-
schreiben wurde Graf Wrbna zum
Oberstkämmerer ernannt und mit dem
Großkreuze des St. Stephansordens
ausgezeichnet, und zwar mit der Beiner»
kung, daß „sein Wirkungskreis nicht bloß
auf die gewöhnlichen Verrichtungen des
Oberstkämmerers eingeschränkt bleibe,
sondern auch auf alle wichtigen Staats-
geschäfte ausgedehnt >ei, welche der
Monarch zu seiner Beruhigung und zum
Wohle seiner Länder Wrbna zu über-
tragen für nöthig erachten werde." I n
der That genoß von nun ab der Graf
das ungetheilte Vertrauen des Kaisers,
blieb auf allen Reifen dessen unzertrenn-
licher Begleiter und in allen wichtigen
Angelegenheiten des Staates ihm ein
treuer Rathgeber. Als sich Kaiser Franz
im Jänner i808 wieder vermalte und
aus diesem Anlaß Auszeichnungen an vei>
dienstvolle Staatsmänner verliehen wur>
den, erhielt Graf Wrbna das höchste
Zeichen kaiserlicher Huld: den Orden
des goldenen Vließes, womit vor ihm
zwei Sprossen seines Hauses, sein eigener
Vater Eugen Wenzel und sein Nr>
großvater Johann Franz, waren ge>
schmückt worden. Wieder umwölkte sich
der politische Horizont Europas, als
nach dem Tage von Bayonne am
6. März 1808 die Fürsten des Conti-
nents inne wurden, daß nach der Art
und Weise, wie der Eroberer das Völker»
recht ausübe, keine Krone auf einem
Fürstenhaupte mehr sicher war, und es
also galt, dem Corsen gegenüber sich zu
rüsten. Die Schaffung der Landwehr
aber betrachtete Napoleon als eine
Kriegserklärung, welche' es ja in der
Theorie auch war, und das Kriegsjahr
1809 begann. Und wieder war es Graf ^ Nudolf
Wrbna, der in diesen ebenso großen als
denkwürdigen Tagen treu an der Seite
des Monarchen stand, während seine bei-
den Söhne Eugen und Dominik in
dem Heere des' Kaisers gegen den Corsen
kämpften. Um sich aber ganz der Sache
seines Monarchen widmen zu können,
und alle Wechselfalle des Lebens er»
wägend, erwirkte er durch kaiserliches
Handschreiben aus Komorn <1äo. 15. Juli
1809 die Großjährigkeitserklärung seines
ältesten, damals erst 17 Jahre alten
Sohnes Eugen und trat ihm in einer
zu Znaim am 8. Juli d. I . ausgestellten
Urkunde sein ganzes Vermögen ab,
ihm aufs wärmste das Schicksal seiner
Geschwister empfehlend. Und nun gehörte
der Graf ganz seinem Monarchen. Da
der größte Theil der österreichischen
Waffenschmieden sich in feindlicher Ge-
walt befand, begab sich der Graf nach
Neusohl, um dort die Errichtung einer
Gewehrfabrik zu beschleunigen, welche
auch in kürzester Zeit unter Leitung des
Artillerieobersten Franz Tihavsky ins
Leben trat. Als dann Napoleon bei
dem Widerstände, der ihm von dem öster»
reichischen Heldenheere entgegengestellt
wurde, es für gerathen fand, Frieden zu
schließen, übernahm der Graf wie im
Jahre 1803 das Amt des landesfürst-
lichen Hofcommissärs und entwickelte
wie schon früher seine segensreiche Thä«
tigkeit. Wieder zeigte er gegen den über>
wüthigen Feind seine unbeugsame Energie
und rettete dem Staate Millionen. Als
1811 infolge des neuen Finanzplanes
ein neues Papiergeld — die Ginlösungs«
scheine — ausgegeben wurde, veranlaßte
das allgemeine Vertrauen, dessen sich der
Graf in allen Theilen der Bevölkerung
erfreute, den Kaiser, ihn zum Präsidenten
der bei diesem Anlasse aufgestellten Ein«
lösungs» und Tilgungsdeputation zu
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon