Seite - 193 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wolf-Wurmbrand, Band 58
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Rudolf 193 Rudolf
ernennen, auf deren Arbeiten zum großen
Theile der Staatscredit beruhte. Wrbna
blieb nun fortan an der Seite des Kai-
sers, der vor ihm kein Geheimniß besaß
lmd, wenn er in einer Angelegenheit der
heikelsten Art die ungeschminkte Wahr-
heit erfahren wollte, sich stets an den
Grafen wendete, welcher, immer der
inneren Stimme seiner Ueberzeugung
folgend, frei und unbefangen seine Mei»
nung aussprach. Als Gnadenspender des
Kaisers theilte Wrbna während eines
sechzehnjährigen Waltens an Seite des-
selben Millionen unter Hilfsbedürftige
aus. Als Oberstkämmerer übte er sein
Amt als Fürsprecher des Unglücks oder
erlittenen Unrechtes mit Wärme und Un>
defangenheit aus und half Tausenden
und Tausenden in ihrer Noth und Be»
drängniß. Als dann die Befreiungskriege
das Schicksal Europas entscheiden sollten,
war er wie früher des Kaisers unzer-
trennlicher Begleiter und der treueste
Wächter über dessen Sicherheit. I n dieser
verhängnißvollen Periode, wie früher
schon im Jahre 1809, nahm er, so oft
der Monarch wegen der vielen feindlichen
Streitparteien irgend einer Gefahr aus»
gefetzt war, sein Nachtlager stets vor des
Kaisers Schlafgemach. Nach Beendigung
des Krieges zeichnete ihn der Kaiser durch
den Orden der eisernen Krone erster
Classe, der eben wieder hergestellt worden
war, aus; aber auch die übrigen Fürsten,
die während der Feldzüge und auf Con»
greffen den Grafen kennen gelernt hatten,
schmückten dessen Brust mit ihren höchsten
Auszeichnungen. Noch begleitete der
Graf seinen Monarchen zum Congreffe
von Verona. Auf der beschwerlichen
Rückreise im December, in kältester
Jahreszeit, durch das Suganerthal über
den Brenner nach Innsbruck und Salz-
bürg, stellten sich die Anzeichen eines Leidens ein, das schon längere Zeit in
ihm gelegen sein mochte. In Wien kam
die Krankheit zum vollen Ausbruche.
Nach einem letzten Besuche des Kaisers
entschlief der Graf am 23. Jänner 1823
Morgens um 4 Uhr im Alter von erst
62 Jahren. Bei der Nachricht von dem
Tode Wrvna's rief der Kaiser, vom
tiefsten Schmerze bewegt, aus: „Ich
habe meinen besten Freund ver»
loren." Wir haben im Vorstehenden
den Staatsmann, Rathgeber und treuen
Genossen des Monarchen in schwerster
Zeit gewürdigt. Es ist noch Manches über
diesen seltenen Edelmann, über diesen
„treuen Diener seines Herrn", dieses
Musterbild des österreichischen Adels,
nachzutragen. Nicht eine Convenienz»
heirat, wie solche in den höheren Kreisen
oft vorkommen, war die Heirat des
Grafen, sondern er folgte dem Zuge
seines Herzens, als er seinen Vater bat,
sich mit Theresia, einer Tochter des
Grafen Dominik Kaunitz, Botschaf-
ters am königlich spanischen Hofe, ver»
malen zu dürfen. Damit aber der Sohn
nun den Hausstand in einer seiner Stel-
lung entsprechenden Weise führen könne,
übertrug ihm der Vater vor der Ehe
probeweise die Verwaltung seiner Güter,
sich für seinen und seiner übrigen Kinder
Bedarf eine bestimmte Summe bedin>
gend. Nun übernahm der Graf die Ver-
waltung, und nicht durch Ersparungen
auf Kosten treuer Diener, die er etwa
entlassen hatte, nein, nur durch Verbes.
serungen in der Verwaltung steigerte er
den Ertrag in ansehnlicher Höhe und
brachte vornehmlich als einsichtsvoller
Hüttenmann die Eisengußwerke zu
Koinorau auf der Herrschaft Horowitz
in so großen Aufschwung, daß er den An-
forderungen, die der Vater an ihn bei
Uebertragung seiner Besitzungen gestellt
v. Würz bllch. biogr. Lexikon. KVIII. lGedr. 16. Aug. 4889.)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon