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Müllerftorf-Urdüir 214 Wüllerftorf-Rrbllir
Wüllerstorf-Nrbair, Bernhard Frei-
Herr (k. k. Vice-A dmiral, geb. zu
Trieft 29. Jänner 18l6, gest. zu
Gr ies nächst Bozen in Tirol am
12. August 1883). Sein Vater Leo-
pold war als Guöernialsecretär dem
damaligen Regierungspräsidenten in
Trieft Grafen Säur au zugetheilt.
Später Delegat in Rovigno, verlor er
durch Zufall sein Leben auf der Jagd
(31. December 4813), und so stand der
junge Wüllerstorf früh verwaist da,
dessen Mutter Julie, eine geborene
Gräfin Grochowska (geb. 16. Sep-
tember j793>,
sich ein zweites Mal verhei»
ratete, und zwar mit Johann Grafen
Marzani, welcher 13. October 1865
als Vizepräsident der Regierung in Ve»
nedig starb. Seinem Stiefvater verdankt
Wüllerstorf die Gewöhnung an un-
ablässige geistige Thätigkeit, sowie na»
mentlich das rege Streben nach volks»
wirthschaftlicher Ausbildung. Er besuchte
das Gymnasium erst in Padua, dann in
Ofen, wo er sich längere Zeit bei den
Verwandten seiner Mutter aufhielt.
Später trat er in die Pionnierschule zu
Tulln und wurde als Cadet bei dem
Infanterie'Regimente Nr. 40 affentirt.
Einem Aufrufe des damaligen Hofkriegs,
rathes folgend, meldete er
sich
1833 zur
Uebersetzung in die Marine und ward
bald danach auf der Goelette „Arriana"
eingeschifft. Er gab sich nun eifrig dem
Studium des praktischen und theoreti»
schen Seedienstes hin und bestand nach
einem Jahre die Prüfung zur effektiven
Aufnahme in die Marine in so glänzender
Weise, daß sofort seine Ernennung zum
wirklichen Seecadeten erfolgte. 1836 kam
er als „Ofsiciersdienst thuender Seecadet"
— eine zu jener Zeit übliche Uebergangs'
charge — auf die Goelette „Sftnge",
deren Commandant Linienschiffslieute» nant Milanopulo die glänzenden
Fähigkeiten des jungen Seemannes so
schätzen lernte, daß er ihm rieth, in Wien
unter dem berühmten Littrow, dem
Vater des nachmaligen Directors der
Wiener Sternwarte, Astronomie zu stu>
diren. Wüllerstorf erhielt hiezu die
Erlaubniß und machte solche Fortschritte,
daß er 1839 außer der Tour zum Schiffs»
fahnrich befördert und mit der Leitung
der Marine - Sternwarte in Venedig,
sowie mit der Lehrkanzel für Astronomie
und Nautik an der Marineakademie da-
selbst betraut wurde. In dieser ehren«
vollen Stellung verblieb er bis zum
Ausbruch der Revolution 1848 und trat
schon damals nicht bloß als scharfer
Beobachter, sondern auch als fachmän«
nischer Schriftsteller auf. Mit großem
Eifer schrieb er größere und kleinere Auf»
fatze für die „Marine-Zeitschrift" und
veröffentlichte unter Anderem eine „Ge-
schichte der Uhren". Er stellt die For«
meln auf für die Bestimmung der Breite
mittels Beobachtung zweier Sterne' auf
gleicher Höhe und war der Erste, welcher
diese Methode praktisch verwendete; er
betheiligte sich an der Zonenbeobachtung
des Himmels und hatte die Karte des
Sternbildes Orion vollendet, als die
Revolution seine stille wissenschaftliche
Thätigkeit so gewaltsam abbrach, daß er
nicht einmal im Stande war, seine Auf»
zeichnungen und Rechnungen in Sicher»
heit zu bringen, sondern nur sein Leben
vor der Empörung zu retten vermochte.
Und doch hatte er sich während seines
vieljährigen Aufenthaltes in der Lagunen»
stadt nur der Ertheilung des nautischen
Unterrichtes und der Lösung Wissenschaft,
licher Probleme hingegeben. Noch kurz
vor seiner Flucht war er mit der Ueber»
tragung der Zeit von der Sternwarte
auf den Marcusplatz mittels einer
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon