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Wurm, Zgnaz 283 Wurm, Ignaz
WUM, Ignaz (Mitgl ied des Ab-
geordnetenhauses des österreich. Reichs»
rathes, geb. zu Klobouk in Mähren
am 42. Juli 4823). Die Normalschule
und das Gymnasium besuchte er in
Kremsier, darauf studirte er Theologie in
Brunn, wo namentlich der öechische Pro«
fessor Sus i l sBd. XI.I , S. l^ großen
Ginfluß auf ihn übte und ihn zur natio-
nalen Agitation theils vorbereitete, theils,
da er ihn besonders geeignet fand, darin
machtig förderte. Nachdem Wurm l850
die Priesterweihe erlangt hatte, caplanirte
er zunächst in Mutenic und Hodonin.
Noch war diese Gegend von nationaler
Agitation. verschont geblieben, und er
entdeckte alsbald, daß sich ihm daselbst
ein dankbares Feld darbiete. Er ging
nun sofort an die Arbeit, munterte zur
Lectüre öechischer Bücher auf, legte eine
öechische Bücherei an, unterrichtete die
Jugend und leitete die Slovaken zu
besserer Bewirthschaftung ihrer Gründe
an. Aber bereits war man amtlicherseits
auf diese Verschiebung seines priesterlichen
Berufes, den er für politische Zwecke
mißbrauchte, aufmerksam geworden. Nun
versetzte man ihn nach Dedice bei Vysokov,
wo er jedoch in nationaler Richtung fort»
wirkte, gleichfalls eine öechische Bücherei
anlegte und auch schriftstellerisch zu wirken
begann, indem er für das damalige ein-
zige nationale Organ in Mähren, für die
^^loiÄVs^ä novinv", d. i. Mährische
Zeitung, und für andere öechische Blätter
arbeitete. Als dann um diese Zeit (1832)
der mährisch.slavische Katholikentag zu«
sammentrat. benutzte Wurm diesen Art'
laß, um sich öffentlich und entschieden
für die nationale Richtung in Schul' und
kirchlichen Sachen auszusprechen, was
bei der damaligen in den maßgebenden
Kreisen herrschenden antinationalen Strö-
mung von seinen Anhängern als eine That angesehen und von diesen durch
volle Zustimmung gelohnt wurde. Bald
darauf erfolgte seine Wahl in den Aus-
schuß der Cyrill-Method'fchen Bruder-
schaft. Schwere Krankheit entzog ihn für
längere Frist seinem geistlichen Amte, und
er fand für diese Zeit Zuflucht bei einem
Freunde, dem Canonicus Friben in
Wischau, der ihn, obgleich ein Deutscher,
in den nationalen Bestrebungen förderte.
Bald darauf wurde er von Friedrich
Grafen Sylva»Taroucca, welcher
in Brunn eine Rettungsanstalt für ver»
wahlloste Jugend gegründet hatte, als
Spiritual in dieses Institut berufen. Zu
gleicher Zeit besorgte er die Geschäfte der
Cyrill-Method'schen Bruderschaft und
führte die Redaction des Kalenders
^lorlvvÄn", d. i. Der Mährer. Im
Jahre 1860 faßte er den Gedanken, das
längst vergessene Velehrad seinen Lands»
leuten in Erinnerung zu bringen, und
wurde so der Urheber der berühmten
tausendjährigen Feier dieses Ortes, der
als älteste Hauptstadt Mährens und
Residenz der einstigen mährisch-slavischen
Könige geschichtliche Bedeutung besitzt.
In seinen Bestrebungen für die Verherr»
lichung dieses Festes fand Wurm in
Hugo Altgrafen Salm und Egbert
Grafen Belcredi wirksame Förderer.
4861 wurde er vom Stadtwahlbezirk
Prerau in den mährischen Landtag ge>
wählt, und seit 1873 vertritt er die
Städtegruppe Holleschau-Klobouk'Prerau
im Abgeordnetenhause des österreichischen
Reichsrathes, in welchem er zur födera»
listischen Partei gehört. Im Jahre 1867
wurde er zum erzbischöflichen Consisto»
rialsecretär in Olmütz ernannt und be-
kleidet zur Zeit auch die Stelle eines
Domvicars daselbst. I n Brünn bildete
sich auf seine Anregung ein Unter»
stützungsverein für Handwerker, ferner
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon