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Murmbrand. Ladislaus Gundakar Wurmbrand, Ladislaus Gundakar
mit, ritt dann durch die Wüste nach Pa°
lästina, verweilte längere Zeit in Jeru-
salem, wo religiöse Stimmungen in
seinem empfänglichen Gemüthe sich be-
festigten. Nun setzte er die Reise om
linken Ufer des Jordan zum Libanon
fort und begab sich schließlich über Beirut
nach Constantinopel. I n allen diesen
Ländern fesselten ihn die Denkmale ver-
gangenen Culturlebens und begründeten
sein tiefgehendes Interesse für archäolo-
gische Studien. In Constantinopel erfuhr
er von dem Ausbruche des Krieges
Oesterreichs mit Italien und Frankreich,
was ihn zur eiligsten Heimkehr bewog,
um feiner Pflicht als Officier zu genügen.
Der rasche Abschluß des Friedens von
Villafranca (11. Juli 1839) benahm ihm
jedoch die Gelegenheit, an der Vertheidi-
gung des Vaterlandes thatkräftig mitzu-'
wirken. Nicht ohne Verstimmung darüber
verließ er zum zweiten Male die Armee,
um sich 1860 zu seinem Vater nach Schloß
Ankenstein bei Pettau in Steiermark zu
begeben, wo er mit diesem und seiner
Schwester Francisca bis 1864'lebte
und stch mit Lust und Eifer der Erwer-
bung philosophischer Kenntnisse widmete.
Die religiöse Schwärmerei, die durch den
Aufenthalt im heiligen Lande angeregt
worden war, leitete ihn damals zum
Spiritismus, dessen Erscheinungen er mit
besonderem Interesse verfolgte. Als er
1864 das Gut Ankenstein von seinem
Vater übernommen hatte, der sich zuerst
nach Grcch zurückzog und dann wieder
zu Hofe ging, trat er mit Medien und
Somnambulen in Verbindung, welche in
Ankenstein wiederholt Experimente mach-
ten, die von dem Grafen in einer Reihe
von Schriften besprochen wurden. Das
Jahr 1866 unterbrach diese Beschäfti-
gung. Graf Wurmbranb schloß stch in
Verbindung mit anderen steirifchen Ca- Valoren dem von Mensdorff gebil'
deten Alpenjägercorps an und zog m-it
demselben zum Schutze der von der
preußischen Armee bedrohten Reichs»
Hauptstadt aus. Man« gab dem Corps
zuerst eine Stellung am Bifamberg, ließ
es dann nach Oberösterreich marsckiren,
von wo eine Diversion nach Böhmen in
den Rücken der preußischen Armee ge<
plant war. Als stch dieselbe jedoch un-
ausführbar erwies, gingen die Alpenjäger
nach Südtirol, um gegen die FreischcMen
Garibal'd i's zu kämpfen. Bei Anconzo
führte der Graf die Vorhut, «hatte Gele-
genheit sich auszuzeichnen und erwarb
sich durch seine Waffenthat das Verdienst-
kreuz. Nach dem Friedensschlüsse kehrte
er nach Anken
stein
zurück und nahm seine
unterbrochenen Studien wieder auf, die
"ich nach manchen unliebsamen Ersah-
rungen auf spiritistischem Gebiete auf
die Naturwissenschaften concentrirten.
Um seine Studien zu vertiefen^ ließ er
sich an der Gratzer Hochschule als außer»
ordentlicher Hörer einschreiben und be»
trieb Anatomie, Physik, Chemie und
Geologie. Ganz besonders fesselte ihn
nun die Anthropologie, zu deren Förde-
rung er 187! in Verbindung mit Hof-
rath Baron Rokitansky die Grün«
düng der anthropologischen Gesellschaft
m Wien durchführte. Zum Gegenstände
seiner eigenen Forscherthätigkeit wählte
er sich die Pfahlbauten der österreichischen
Seen und erzielte durch die Entdeckung
prähistorischer Anfiedlunqen im Kammer»
und GmundenerSee schöne Erfolge. Ueber
diese Funde handeln zahlreiche in den
ersten Bänden der Mittheilungen der
anthropologischen Gesellschaft erschienene
Publicationen, welchen sich die Ab-
Handlungen und Vortrage: „Die Gleick'
zeitigkeit des Menschen mit dem Mam-
muth" M , Bd. I I I , S. 123 u. f.): —
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon